# taz.de -- heute in hamburg: „Widerstand gegen Monolog der Macht“ | |
Bild: Foto: privat | |
Interview Philipp Effenberger | |
taz: Herr Bruns, in Ihrem Buch erzählen Sie die Geschichte der G20-Proteste | |
aus Sicht der Protestierenden nach. Warum? | |
Theo Bruns: Weil wir selbst an verschiedenen Protestaktionen während G20 in | |
Hamburg beteiligt waren. Wir wollten keine Vogelperspektive wie große NGOs | |
oder politische Parteien einnehmen, sondern die gesamte Protestwoche aus | |
Sicht der AktivistInnen darstellen. Unser Buch bündelt das Wissen | |
verschiedenster Protestformen. Der Fokus der Berichterstattung liegt ja | |
häufig auf der Repression, den Riots und den Strafprozessen. Wir wollen | |
hingegen eine umfassende Gesamtdarstellung der Proteste geben. | |
Bei welchen Protesten haben Sie selbst mitgewirkt? | |
Ich war während G20 im Gängeviertel in der Presse-AG aktiv. Wir waren aber | |
auch bei anderen Aktionen auf der Straße. Unter anderem im Arrivati-Park, | |
im alternativen Medienzentrum FC/MC oder bei der „Welcome to Hell“-Demo. | |
Hat Sie die Kreativität der Proteste überrascht? | |
Obwohl sie sich vorher abgezeichnet hat, hat mich die Vielfalt positiv | |
überrascht. Etwa Aktionsformen wie die „Tausend Gestalten“ oder Hamburgs | |
größter politischer Rave „Lieber tanz ich als G20“. Das habe ich so noch | |
nicht erlebt. Auch die Camps, der Alternativgipfel, der Bildungsstreik und | |
die Blockadeaktionen zeigen, wie vielfältig die Proteste waren. Das war | |
sehr ermutigend. | |
Inwiefern ermutigend? | |
Die Vielstimmigkeit des Widerstands gegen den Monolog der Macht in diesen | |
Tagen war ermutigend. In der Diversität der Proteste gab es eine | |
solidarische Bezugnahme aufeinander, stärker als bei den G8-Protesten in | |
Heiligendamm 2007. In Hamburg haben die Protestierenden die Verschiedenheit | |
der Aktionsformen akzeptiert. Es war ein Moment der Verbundenheit. Wir | |
haben gezeigt, dass es eine andere Art gibt, Politik zu machen, und eine | |
alternative Form der Vergesellschaftung in Keimformen zum Ausdruck | |
gebracht. Gerade in Zeiten von rechtem Populismus und wachsendem | |
Nationalismus ist das wichtig. | |
Kann das Buch den Diskurs über die G20-Proteste verändern? | |
Wir hoffen es. Doch wir mussten auch feststellen, dass die Abwehr, die | |
Perspektive der G20-KritikerInnen zur Kenntnis zu nehmen, oft groß ist. Das | |
Narrativ der linken GewalttäterInnen hat sich nach der Freitagnacht des | |
Gipfels in der Schanze durchgesetzt. Den Riot haben wir im Buch als | |
Gespräch dargestellt, um die kontroversen Positionen zu Wort kommen zu | |
lassen. Während der G20-Proteste waren darüber hinaus geschätzt eine | |
Viertelmillion Leute auf der Straße. Deren Perspektive ist durch den | |
dominierenden Diskurs unsichtbar gemacht worden. Wir versuchen, sie wieder | |
sichtbar zu machen. | |
30 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Philipp Effenberger | |
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