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# taz.de -- die gesellschaftskritik: Gebt halt mehr Gummi
In Frankreich gibt es bald Gratiskondome auf Rezept. Das ist schön, nur
wurde nicht an alle gedacht
Ab Dezember wird sich das Sexleben der Franzosen von Grund auf verändern.
Auf die ins Ohr geraunte Frage „Hast du denn Kondome?“ muss zukünftig
niemand mehr in die Apotheke sprinten und selbst zahlen. Stattdessen:
Einfach schnell zum Arzt, sich eine Packung verschreiben lassen und – zack!
– schon zahlt die Krankenkasse. Nur mit Sex wird es an dem Tag vielleicht
nichts mehr.
Diese Revolution hat die französische Regierung pünktlich zum Welt-Aids-Tag
am Samstag angekündigt. Zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten
soll es ab dem 10. Dezember Kondome auf Rezept geben. Zwar nur eine ganz
bestimmte und besonders billige Marke, davon aber immerhin bis zu 24 Stück
auf einmal.
Alternativ können ab Dezember auch Hebammen Kondome verschreiben. Dann ist
es zwar vielleicht schon ein bisschen spät, aber besser als nichts.
Zum Gratiskondom greift die französische Regierung, weil sich in Frankreich
immer noch 6.000 Menschen pro Jahr mit dem HI-Virus infizieren, mehr als
doppelt so viele wie in Deutschland. Da braucht es fortschrittliche
Ansätze: Nicht nur kostenlos sollen die Verhütungsmittel sein, nein, sogar
Frauen dürfen sich ihr Päckchen abholen, betonte die Regierung. Nur blöd,
dass sie dabei die lesbischen Frauen vergessen haben. Die dürften sich zwar
theoretisch auch Kondome besorgen, verschreibbare Lecktücher gibt es aber
nicht.
Dieses Signal ist gedankenlos, spiegelt es doch die weit verbreiteten „Oral
passiert schon nix“-Mentalität. Dabei können Krankheiten übertragen werden,
wenn Schleimhaut auf Schleimhaut trifft, ob die sich im Mund oder an den
Geschlechtsteilen befindet, ist den Erregern relativ egal. Die französische
Regierung hat aber fürs Erste verpasst anzuerkennen, wie wichtig Schutz
beispielsweise auch bei lesbischen Paaren ist.
Wer sich schützen will, sollte die Möglichkeit dazu bekommen, unabhängig
von Geschlecht, sexueller Orientierung und Inhalt des Geldbeutels. Dass
einige Französinnen das jetzt können (wenn sie geduldig genug sind, vorher
beim Arzt auf ihr Rezept zu warten), ist schon mal ganz nett. Guten Schutz
für alle gibt es aber wohl erst, wenn die Apotheken statt der überflüssigen
Taschentücher einfach Lecktücher mit über die Theke schieben. Dann schafft
man es sogar rechtzeitig zurück ins Bett.
Sophie Spelsberg
29 Nov 2018
## AUTOREN
Sophie Spelsberg
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