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# taz.de -- Mit dieser Paste ist vieles möglich
> Man püriere Walnüsse, Schabzigerklee, Koriander und einiges mehr – und
> schon gelingen die Köstlichkeiten der georgischen Küche
Bild: Nach einem Rezept von Ksenia: Georgische Walnusspaste mit Hühnerfleisch
Von Steffi Unsleber (Text) und Karsten Thielker (Foto)
Seit ich in Berlin lebe, lasse ich mir von Ksenia die Haare schneiden. Das
dauert immer eine Weile und man kann dabei über das Wetter sprechen oder
über die Arbeit – aber irgendwann haben wir festgestellt, dass es uns
beiden viel mehr Spaß macht, Rezepte auszutauschen.
Ksenia ist in Georgien aufgewachsen; sie kommt aber aus einer russischen
Familie. Weil ich einen russischen Mann geheiratet habe und oft Zeit in
Russland verbringe, muss sie mir viele Fragen beantworten. Wie macht sie
den klassischen Festsalat Olivier, mit Fleischwurst oder mit Hühnchen?
Reibt sie die Rote Bete für den Borschtsch oder schneidet sie sie in
Stücke? Und muss da wirklich Ketchup rein, so wie es mein Mann behauptet?
Ksenias Heimatküche ist ein Crossover aus russischen, georgischen und
deutschen Gerichten. Jedes Mal, wenn sie aus dem Urlaub aus Georgien
zurückkommt, bringt sie große Beutel voller Gewürze mit. Und sie schwärmt
von den Aromen. Die georgische Küche ist leichter als die russische, sie
lebt von Kräutern, Walnüssen und Granatapfelkernen. Und von zwei wichtigen
Zutaten, die es in Deutschland nicht im normalen Supermarkt zu kaufen gibt:
Schabzigerklee und georgischem Essig.
Ksenia hasst die Schärfe des deutschen Essigs, sie schüttelt sich, wenn sie
nur davon erzählt. Sie kauft immer Rotweinessig im türkischen Supermarkt.
Der ist weicher und kommt dem georgischen Essig am nächsten, sagt sie.
Schabzigerklee wiederum bekommt man im Bioladen, aber auch in russischen
oder indischen Läden. Ksenia hat mir welchen mitgebracht, abgefüllt in
einem Bügelglas.
Ich habe oft versucht, die tollen georgischen Vorspeisen nachzukochen, von
denen Ksenia erzählt hat, die gefüllten Auberginen oder die Pkhali-Bällchen
mit Spinat und Roter Bete. Richtig gelungen ist es mir nie. Bis ich von ihr
erfuhr, dass all diese Gerichte dieselbe Basiszutat haben: eine
Walnusspaste mit Schabzigerklee.
Ksenia war so nett, mir zu zeigen, wie sie diese Paste herstellt. Die
einzige Hürde, die man dafür nehmen muss, sind die Zutaten. Frischen
Koriander gibt es nicht überall – zur Not funktioniert das Rezept aber auch
nur mit Petersilie. Ksenia hat einen Strauß Koriander mitgebracht, den sie
in einem türkischen Laden bekommen hat.
Es ist wichtig, die Zutaten zu pürieren und nicht nur zu hacken, sagt
Ksenia. Traditionalisten können auch einen riesigen Mörser verwenden.
Zuerst püriert Ksenia die Walnüsse. Das dauert eine Weile. Nach und nach
gibt sie die Zwiebeln und den Knoblauch zu, die Petersilie, den Koriander,
den Schabzigerklee, den gemahlenen Koriander, etwas Salz und Pfeffer,
schließlich den Essig. Sie püriert die Zutaten so lange, bis eine cremige
Mischung entstanden ist.
Ist die Nusspaste fertig, steht einem die ganze georgische
Vorspeisenpalette offen. Man kann gegrillte Auberginen damit füllen oder
pürierte Rote Bete unterrühren und die Paste zu Bällchen formen. Wir haben
uns für einen Hühnchensalat entschieden.
Dazu setzt man ein halbes Biohühnchen im kalten Wasser auf und bringt es
mit geschlossenem Deckel zum Kochen. Etwa dreißig Minuten köcheln lassen,
dann herausnehmen und abtropfen lassen. Die Brühe sollte man unbedingt
aufheben, um später eine Suppe daraus zu machen. Wie eine russische Oma,
sagt Ksenia.
Als Kontrapunkt zur bittersüßen Paste sind die Granatapfelkerne wichtig.
Sie bringen die Säure ins Gericht.
An die Kerne kommt man am leichtesten heran, indem man den Granatapfel in
zwei Hälften schneidet und anschließend in einer Schüssel mit Wasser
auseinanderbricht. Die Kerne sinken zu Boden, die weißen Zwischenwände
schwimmen an der Wasseroberfläche und können abgeschöpft werden. Danach
kann man das Wasser durch ein Sieb gießen und die Kerne von den restlichen
weißen Fetzen befreien.
Sobald das Hühnchen nur noch lauwarm ist, tupft Ksenia es mit Küchentüchern
trocken und zupft anschließend das Fleisch von den Knochen. Sie zerkleinert
es noch etwas mit den Händen, rührt die Nusspaste unter und dekoriert
schließlich alles mit den Granatapfelkernen.
Ksenia sagt, dieser Hühnchensalat ist so einfach, dass früher bei Festen
die Kinder dafür zuständig waren. Sie isst ihn gerne an Silvester, an Nowij
God, wie man in Russland sagt.
15 Dec 2018
## AUTOREN
Steffi Unsleber
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