# taz.de -- heute in hamburg: „Auch ein Kind von Einwanderung“ | |
Bild: Foto: privat | |
Interview Hannah Maatallaoui | |
taz: Frau Meyer-Lenz, welche Rolle spielt der Hamburger Hafen bei der | |
Migration? | |
Johanna Meyer-Lenz: Eine ganz enorme Rolle. Ganz besonders bei der großen | |
Migrationswelle im 19. und 20. Jahrhundert. Bis 1913 sind mehr als sechs | |
Millionen Menschen über Hamburg in die USA ausgewandert. Das ist in einem | |
Zeitraum von etwa 70 Jahren geschehen und hat gezeigt, welches Elend und | |
welche Probleme in ganz Europa herrschten. | |
Welche waren das? | |
Das waren wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Verfolgung von jüdischen | |
Minderheiten und Pogrome in Osteuropa – schon vor dem Ersten Weltkrieg. Das | |
führte zu diesen massiven Migrationsströmungen. Die Ballinstadt wurde | |
errichtet, um die Ströme der Einwanderer gezielt durchschleusen zu können, | |
dort wurden auch die einzelnen Schritte der Ausreise geplant. Das war | |
damals schon ziemlich modern. | |
Wann endete die Zeit dieser großen Migration über den Hafen? | |
Das hat nach dem Ersten Weltkrieg aufgehört. Die Migrationsströme haben | |
sich dann verkehrsmäßig auch anders bewegt: Zum Beispiel über Flugzeuge. | |
Diese enormen Migrationsströmungen haben zudem aufgehört, weil der | |
Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten auch irgendwann gesättigt war. | |
Gab es noch andere bedeutende Migrationsbewegungen? | |
Die Migration sah im 17. Jahrhundert anders aus. Vor allem religiös | |
verfolgte Gruppen – etwa die Neuchristen aus Portugal, also ehemalige | |
Juden, die zum Christentum konvertiert sind, aber trotzdem verfolgt wurden | |
– sind in Hamburg aufgenommen worden. Diese haben auch zum wirtschaftlichen | |
Erfolg in Hamburg beigetragen. Es handelte sich hierbei um eine sehr rege | |
Gruppe von Kaufleuten mit großen Verbindungen. | |
Profitierte Hamburg von seiner Rolle als Transitzentrum? | |
Die Reedereien profitierten von den Migrationsströmen. Das war eine große | |
Konjunkturbeschleunigungsmaschinerie. Die Einwanderer sind auch ganz schön | |
zur Kasse gebeten worden. Ganz grundsätzlich kann man sagen, dass Hamburg | |
durch die große Binnenmigration aus Norddeutschland zur Großstadt geworden | |
ist. Die Entwicklung zur Industrie-, Hafen-, und Handelsstadt war nur | |
deswegen möglich. Hamburg ist also auch und gerade ein Kind von | |
Einwanderung. | |
16 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Hannah Maatallaoui | |
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