| # taz.de -- heute in hamburg: „Lebendige Arbeit ist nicht ersetzbar“ | |
| Interview Hannah Maatallaoui | |
| taz: Herr Krüger, was verstehen Sie unter digitalem Kapitalismus? | |
| Stephan Krüger: Ich meine damit, was allgemein unter der | |
| „Plattformökonomie“ verhandelt wird. Das heißt, die Entwicklung von | |
| internetgestützten Plattformen für verschiedene Geschäftsprozesse. | |
| Angefangen von Sharing-Ökonomie über e-Commerce bis hin zu den | |
| Dienstleistungsangeboten der großen Internetunternehmen. Die | |
| Plattformökonomie und Digitalisierung haben Rückwirkungen auf die internen | |
| Strukturen der Produktionsprozesse, was zu verstärkter Automatisierung und | |
| Veränderung von Arbeitsstrukturen führt. | |
| Sehen Sie dadurch Risiken für Beschäftigte? | |
| Sicherlich. Man muss das in der Gegensätzlichkeit begreifen. Auf der einen | |
| Seite werden verstärkt Automatisierungsprozesse einfacher sowie auch | |
| komplizierter Funktionen Platz greifen, andererseits entstehen neue | |
| Anforderungsprofile für Beschäftigte, was zu vermehrten Jobs führt. Es gibt | |
| sowohl größere Spielräume für die individuelle Entwicklung innerhalb der | |
| Arbeit als auch vermehrte Ausbeutung der Click- und Cloud-Worker. | |
| Also ersetzen Roboter und Algorithmen menschliche Arbeitskraft? | |
| Das wird in einem größeren Umfang als gegenwärtig passieren. Ich würde aber | |
| nicht so weit gehen und sagen, dass durch künstliche Intelligenz | |
| menschliche Arbeit generell überflüssig werden kann. Jeder Algorithmus kann | |
| prinzipiell nur unter vorgegebenen Szenarien operieren und dadurch | |
| lebendige Arbeit ersetzen, aber die Kreativität der lebendigen Arbeit ist | |
| in absehbarer Zeit nicht durch Roboter und künstliche Intelligenz | |
| ersetzbar. | |
| Bietet die Automatisierung auch Chancen? | |
| Ja. Die Frage ist, wie weit sie durch gesellschaftliche Verhältnisse auch | |
| umgesetzt werden. Da müssen wir diskutieren, wie weit – unter den | |
| gegenwärtigen Verhältnissen eines Finanzmarktkapitalismus – überhaupt die | |
| Bedingungen hergestellt werden können. | |
| Wird es zu mehr Ungleichheiten kommen? | |
| Auf der einen Seite sicherlich. Generell führt es dazu, dass die | |
| Ungleichheit steigt, indem das Element „Selbstausbeutung der Arbeitskräfte“ | |
| gesteigert wird, weil eben durch die neuen Arbeitsformen – Entgrenzung der | |
| Arbeit und Flexibilisierung der Zeitstrukturen – die Möglichkeiten der | |
| Gegenwehr für die Gewerkschaften erschwert werden. Dies setzt die | |
| Entwicklung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses auf die Agenda. | |
| 8 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannah Maatallaoui | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |