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# taz.de -- Alles neu in Bagdad
> Nach monatelangem Tauziehen hat der Irak mit Barham Salih einen neuen
> Präsidenten. Der beauftragte auch gleich den Schiiten Adil Abdul Mahdi,
> eine neue Regierung zu bilden
Bild: Vom Exiloppositionellen zum Regierungschef: Adil Abdul Mahdi (2. v. l.)
Von Inga Rogg
Gleich in zweifacher Hinsicht haben Iraks Politiker für Überraschung
gesorgt. Zuerst wählten die Parlamentsabgeordneten in Bagdad am Dienstag
den Kurden Barham Salih zum Präsidenten. Dann erteilte der frisch gebackene
Staatschef noch am selben Abend dem Schiiten Adil Abdul Mahdi den
Regierungsauftrag. Der amtierende Ministerpräsident Haidar al-Abadi, der
auf die Wiederwahl gehofft hatte, wünschte seinem Nachfolger Erfolg.
Frühere Amtsinhaber hatten einen Regierungswechsel in der Regel mit
allerlei Tricks torpediert.
Im Irak wurde bereits im Mai gewählt. Machtkämpfe verzögerten aber die
Regierungsbildung. Das Präsidentenamt wird traditionell von einem Kurden
bekleidet, das weit einflussreichere Amt des Ministerpräsidenten steht
einem Schiiten zu.
Der designierte Ministerpräsident Abdul Mahdi, der seit dem Sturz des
Regimes von Saddam Hussein im Jahr 2003 mehrere hohe Posten bekleidete,
gilt als Mann des Ausgleichs. Mit seiner Wahl sei das Monopol der
schiitischen Partei Dawa gebrochen, die seit 2005 den Regierungschef
stellt, sagte Ruba Husari von der US-Denkfabrik Middle East Institute der
taz. Der bekannte Fernsehsatiriker Ahmed al-Baschir bezeichnete Abdul Mahdi
als einen Freund von Journalisten, Autoren, Künstlern und Aktivisten.
Der 76-jährige Abdul Mahdi blickt auf eine schillernde Karriere zurück. Er
studierte im Irak und in Frankreich, wohin er in den sechziger Jahren
aufgrund von Verfolgung durch das Baath-Regime floh. Im französischen Exil
tat er sich als Autor und Redakteur von Magazinen in arabischer und
französischer Sprache hervor. Er galt als führende Stimme der
Exilopposition. Zuvor hatte er mit pan-arabischen Ideen sympathisiert und
sich der Baath-Partei angeschlossen, später wurde er Führungsmitglied der
Kommunistischen Partei im Irak. Ende der siebziger Jahre wechselte er ins
Lager der schiitischen Islamisten.
Nach dem Sturz Saddam Husseins gehörte Abdul Mahdi der verfassunggebenden
Versammlung an, wurde Finanzminister, Vizepräsident und im Kabinett von
al-Abadi schließlich Ölminister. Frustriert, dass er seine Reformvorhaben
nicht durchsetzen konnte, trat er 2016 zurück und begann, Analysen und
Kommentare zu veröffentlichen.
Ob er seine zweifelsohne guten Ideen in die Tat umsetzen könne, bleibe
abzuwarten, sagt Expertin Husari. In die Hände spielen könnte Abdul Mahdi,
dass der Irak heute besser dasteht als noch vor wenigen Jahren, als die
Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) weite Teile des Landes
kontrollierte.
Trotzdem sind viele Iraker frustriert über die verbreitete Korruption. In
Basra, dem Zentrum der irakischen Ölindustrie, kam es wegen Strom- und
Wasserknappheit zu wochenlangen Protesten. Daraufhin intervenierte
Großajatollah Ali al-Sistani, der höchste schiitische Geistliche im Irak,
und forderte eine Technokratenregierung.
Es war dieses Machtwort, das die beiden schiitischen Fraktionen im
Parlament schließlich dazu brachte, sich auf Abdul Mahdi als Regierungschef
zu einigen. Zuvor hatten die beiden Blöcke heftig über die Ernennung des
Regierungschefs gestritten. Für die Regierungsbildung ist Abdul Mahdi nun
auf die Zusammenarbeit mit den Fraktionen angewiesen. Er hat dreißig Tage
Zeit, das Kabinett zu bilden. „Ich glaube nicht, dass er einen Zauberstab
gegen die grassierende Korruption auf allen Ebenen des Staats hat“, sagt
Husari. Die Auswahl der Minister werde jedoch ein wichtiger Indikator dafür
sein, ob er sich von der Korruption der Parteien befreien kann.
4 Oct 2018
## AUTOREN
Inga Rogg
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