# taz.de -- heute in hamburg: „Es reicht nicht feministisch zu sein“ | |
Interview Maren Knödl | |
taz: Herr Kemper, wieso ist die Diskussion um das Recht auf | |
Schwangerschaftsabbruch gerade wieder so aktuell? | |
Andreas Kemper: Die Diskussion ist nicht unbedingt aktueller. Mit dem | |
Aufkommen des Feminismus war der Kampf für das Recht auf Abtreibungen | |
eigentlich immer schon da. Aber durch das Erstarken rechter Gruppen, die | |
sich den sogenannten Lebensschutz auf die Agenda schreiben, ist sie in den | |
letzten Jahren noch mal lauter geworden. | |
Wer sind heute die Akteure der Diskussion? | |
Die Kirche ist immer noch einer der Hauptakteure der „Pro-Life-Bewegung“, | |
da gibt es beispielsweise einen Zusammenschluss von evangelikalen und | |
ultrakatholischen Gruppen mit der Neuen Rechten. Auf der anderen Seite hat | |
eben der Feminismus verschiedene Gruppierungen hervorgebracht. Mittlerweile | |
reicht es aber nicht mehr aus, feministisch zu sein. Man muss auch | |
anti-anti-feministisch sein. | |
Was bedeutet das? | |
Je größer die Feminismus-Bewegung wurde, umso größer wurde auch die | |
Gegenbewegung. Darüber müssen wir uns aber nicht unbedingt nur erschrecken. | |
Das zeigt ja auch, dass wir relevant sind. Wenn die Gegenseite allerdings | |
so gut vernetzt ist, muss man darauf natürlich reagieren. | |
Sie haben dafür einen Diskursatlas über Antifeminismus geschrieben. Was | |
steht drin? | |
Der Diskursatlas soll die Sprache aufdecken, die verschiedene Gruppierungen | |
benutzen und so über verwendete Narrative zeigen, wie diese untereinander | |
vernetzt sind. | |
Was bedeutet das praktisch? | |
Dann merkt man zum Beispiel, dass Leute, die gegen einen | |
Schwangerschaftsabbruch sind, auch gegen Gleichstellungsgesetze oder die | |
Ehe für alle sind und welche gemeinsame Ideologie dahinter steckt. Der | |
Atlas will den Antifeminismus in seiner Gesamtheit darstellen. | |
Mittlerweile benutzen auch die Anhänger der Pro-Life-Bewegung Twitter und | |
eigene Hashtags. Sind auch die Inhalte innovativer geworden? | |
Nur weil man neue Techniken benutzt, muss man ja nicht inhaltlich | |
fortschrittlich sein. In ihren Ansichten sind sie immer noch rückwärts | |
gewandt. Anhänger der Pro-Life-Bewegung sagen selbst, dass sie wieder | |
zurück wollen zur „natürlichen Ordnung“. Und das bezieht sich auf alle | |
Lebensbereiche, nicht nur auf ihre Haltung gegenüber | |
Schwangerschaftsabbrüchen. | |
4 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Maren Knödl | |
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