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# taz.de -- Alba im Jubelrausch
> Nach zwei furiosen Siegen kann sich der Berliner Basketballklub kaum noch
> gegen Titelhoffnungen wehren
Von David Joram
Was den Namen der Vereinszeitung betrifft, sind sie bei Alba Berlin nicht
sonderlich kreativ. Albatros heißt Albas Blatt, das vor Spielen der
Albatrosse ausgelegt wird – und dessen erste Ausgabe für die Saison
2018/2019 nun schon wieder so alt ist, dass darin Fische eingewickelt
werden könnten. Das mit den Fischen ist ein bisschen schade, es war nämlich
eine lesenswerte Ausgabe, die Alba Berlin vor den Duellen in der
Basketball-Bundesliga gegen Jena und im EuroCup gegen Tofas Bursa
herausgegeben hatte.
Der Geschäftsführer Marco Baldi, Berlins Basketballmacher seit Beginn der
1990er Jahre, sprach darin über die neue Saison. „Es wird nicht automatisch
weiter nach oben gehen“, wird Baldi zitiert. Der 56-Jährige belegt solche
Aussagen gerne, indem er Budgets und Zahlen vergleicht. National, so Baldi,
hätten Bamberg und Bayern München wesentlich größere finanzielle Reserven.
Und wie es um Albas Aussichten auf der europäischen Ebene bestellt ist,
ließ Baldi ebenfalls mit einem Zahlenbeispiel veranschaulichen. Real
Madrid, der Euro-League-Champion, habe 15 Millionen Euro eingenommen und 44
Millionen ausgegeben. Bei Vorjahressieger Fenerbahce Istanbul sei das ganz
ähnlich gewesen. Baldi sagt dazu noch: „Von den Einnahmen der Madrilenen
sind wir gar nicht mehr so weit weg – von den Ausgaben schon.“ Die Berliner
hätten schließlich keinen Fußballklub „im Kreuz“ und auch „keinen Mäz…
Man glaube stattdessen an den Weg der kleinen Schritte – und an ein
ausgeglichenes Konto natürlich.
Was Baldi mit all seinen Rechenspielchen erreichen will, ist so klar wie
nachvollziehbar: Der Druck, der nach der starken vergangenen Saison auf
Alba Berlin lastet, soll möglichst klein gehalten, die Erwartungshaltung im
Umfeld gedämpft werden. Wer nun die ersten beiden Spiele der Berliner
verfolgt hat, muss allerdings feststellen: Baldis Kampf gegen überbordende
Titel-Hoffnungen wird ein zunehmend aussichtsloser.
Dem furiosen 112:55-Auftaktsieg am 1. Spieltag der Bundesliga gegen Jena
ließ der deutsche Vizemeister und Pokalfinalist ein nicht minder
spektakuläres 107:91 gegen den türkischen Vizemeister Tofas Bursa folgen.
Zwar hat die Wirtschaftskrise in der Türkei auch die nationale
Basketballliga erfasst – die Finanzierung ausländischer Profis, die im
Normalfall mit Dollarscheinen bezahlt werden, fällt wegen des Lira-Verfalls
schwerer –, aber sie trifft vor allem die kleineren Teams. Bursa hingegen
gilt als Schwergewicht, alimentiert vom Automobilhersteller Fiat. Insofern
rieben sich 7.741 Zuschauer in der Arena am Ostbahnhof nach dem ersten
Viertel zu Recht die Augen und waren verwundert darüber, wie mühelos Alba
punktete. Angeführt vom umsichtigen Spielmacher Peyton Siva, der insgesamt
auf sagenhafte 14 Assists kam, erspielte sich das Team von Trainer Aito
Garcia Reneses eine 30:19-Führung.
So einfach wie die Jenaer machten es Bursas Werfer den Berlinern dann aber
doch nicht. Besonders aus der Distanz, wofür es drei Punkte statt deren
zwei gibt, fielen die Körbe im zweiten und dritten Viertel in den
Alba-Korb; mit einer 75:74-Führung gingen die Gäste deshalb ins letzte
Viertel. Und da wurde offenbar, worin Albas neue Stärke in dieser Spielzeit
bestehen könnte: Wucht.
Vor allem der kurzfristig verpflichtete Clint Chapman, ganze 2,08 Meter
groß, stopfte die Bälle teilweise mit derart viel Energie in den Korb, als
könne er auf diese Weise Atomkerne spalten. Die körperliche Präsenz, die
neben Chapman auch andere Neuzugänge wie Kenneth Ogbe, 1,98 Meter, oder
Rokas Giedraitis, 2,01 Meter, mitbringen, war gegen Bursa für ein
grandioses Schlussviertel ausschlaggebend. Sie riss die Fans von den Sitzen
und das ganze Team mit.
Es war eine Power, die Albas Team auch in dieser Saison wieder weit nach
oben tragen könnte. Das weiß natürlich auch Marco Baldi. Er dürfte es
goutieren.
4 Oct 2018
## AUTOREN
David Joram
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