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# taz.de -- Stresstest für zwei
> Sowohl TSG als auch BVB stecken noch in der Findungsphase. Nach dem 1:1
> kommen heftige Englische Wochen auf sie zu
Bild: Gut aufgestellt: drei Gelbe, ein bis zwei Blaue
Aus SinsheimTobias Schächter
Marius Wolf schaffte in der letzten Saison bei Eintracht Frankfurt den
Durchbruch, mit Schnelligkeit und taktischer Flexibilität überzeugte er mal
rechts vorne, mal rechts hinten, vor allem im rechten, aber auch im
zentralen Mittelfeld. Von Wolf heißt es seither, er könne auf allen
Positionen eingesetzt werden. Aber als Neuner, als Mittelstürmer? Auf die
Idee ist jetzt Lucien Favre gekommen, der Trainer von Borussia Dortmund.
Der etatmäßige Angreifer Paco Alcácer fiel am Samstag beim Auswärtsspiel in
Hoffenheim verletzt aus, und Mario Götze, der diese Position bekleiden
kann, hatte Favre zu Hause gelassen.
Aber nicht nur deshalb schrieb der 23-jährige Wolf beim rassigen 1:1
zwischen Hoffenheim und Dortmund die kurioseste Geschichte dieses
Spieltages. Wolf sollte den Spielaufbau des Gegners als erster Verteidiger
unterbinden, lief aber meistens nur dem Ball hinterher und erlebte auch die
Offensivaktionen der eigenen Elf meist nur als Zuschauer. Kurzum: Niemand
merkte, dass er mitspielte – bis zur 60. Minute. Da wechselte der BVB
zweimal aus. Vom Platz gingen Mahmoud Dahoud und: Wolf. Aufs Spielfeld
rannten Thomas Delaney und Sancho. Später erklärte Favre diese Wechselpanne
als „Kommunikationsfehler“. Auf Nachfrage, wen er statt Wolf hatte
auswechseln wollen, knurrte der Schweizer nur: „Das will kein Mensch mehr
wissen.“ Zehn Minuten später im Spiel brachte er Maximilian Phillipp für
Shinji Kagawa.
Die Anekdote wollte Favre verständlicherweise kleinhalten. Er war froh,
dass seine Elf noch den Ausgleich geschafft hatte. Christian Pulisic traf
spät nach Vorarbeit von Marco Reus (84.). Schon unter der Woche war der
US-Amerikaner beim 1:0 in der Champions League in Brügge Siegtorschütze.
Auch für Hoffenheim wurde es immer nur dann gefährlich, wenn der schnelle
Pulisic antrat. In der Anfangsphase trat TSG-Verteidiger Nico Schulz dem
20-Jährigen auf der Strafraumlinie auf den Fuß, der Video-Assistent in Köln
schien da wohl kurz eingenickt gewesen zu sein, es hätte eindeutig
Strafstoß für den BVB geben müssen.
Nach dieser Aktion dominierte die TSG Hoffenheim auf beeindruckende Art und
Weise. Joelinton, der gelernte Mittelstürmer aus Brasilien, erzielte mit
seinem ersten Bundesligator die Führung (44.), zwei weitere Tore der TSG
wurde wegen Abseitsstellung zurecht nicht anerkannt und einige Chancen
leichtfertig vergeben. Vor allem der eingewechselte Ishak Belfodil ließ in
Slapstickmanier die Siegchance in der Nachspielzeit ungenutzt.
Wie schon beim Champions-League-Debüt in Donezk (2:2) unter der Woche gab
es viel Lob für die TSG (Reus: „Hoffenheim spielt wieder bis zum Schluss
oben mit“), aber wenig Punkte. In der Liga hinken die Kraichgauer mit nur
vier Punkten hinterher. Trainer Julian Nagelsmann aber will aufgrund der
starken Leistungen mehr loben als kritisieren und hofft: „Ich schicke ein
Stoßgebet Richtung Fußballgott – es wäre gut, wenn der mal wieder über
Sinsheim fliegen würde.“
Helfen würde schon, wenn seine Elf Spiele frühzeitig entscheiden würde.
Schon am Dienstag steht in Hannover das dritte von sieben Spielen in 22
Tagen an. Ein Stresstest, den auch die international erprobte Borussia
bestehen muss. Die junge Mannschaft befindet sich mit dem neuen Trainer
noch in der Findungsphase. Man stehe noch am Anfang, nach vorne gebe es
spielerisch noch Verbesserungspotenzial, meinte Kapitän Marco Reus, deutete
das Remis aber grundsätzlich positiv: „Für den Prozess, in dem wir uns
befinden, ist dieser Punkt unheimlich wichtig.“
Zumal der BVB zu zehnt die drohende Niederlage abwendete und schon zum
vierten Mal im sechsten Pflichtspiel dieser Saison einen Rückstand
wettmachte. Innenverteidiger Abdou Diallo hatte nach einer Notbremse gegen
Andrej Kramaric die Rote Karte gesehen (75.). „Wir haben heute wieder
überragende Moral gezeigt, die uns in dieser Saison schon viel geholfen hat
und uns hoffentlich noch viel helfen wird“, lobte Reus. Der Nationalspieler
begann als Linksaußen, wechselte nach Wolfs Auswechslung ins Sturmzentrum
und agierte zuletzt im offensiven Mittelfeld. „Man wünscht sich natürlich
eine feste Position, aber der Fußball heutzutage ist nicht mehr so. Man
muss flexibel sein und sich für die Mannschaft opfern – und das mache ich
im Moment“, stellte er fest. Marius Wolf weiß sehr genau, wovon Marco Reus
spricht.
24 Sep 2018
## AUTOREN
Tobias Schächter
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