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# taz.de -- HistorikerInnen gegen Geld für AfD-Stiftung
> In einem offenen Brief an das Innenministerium fordern 3.000
> UnterzeichnerInnen eine politische Überprüfung der AfD-nahen
> Desiderius-Erasmus-Stiftung
Bild: Erika Steinbach, Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-StiftungFoto: Sebasti…
Von Jonas Weyrosta
Die Provokation von Max Otte saß. Das CDU-Mitglied, das gleichzeitig dem
Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung vorsitzt, setzte
Anfang September einen Tweet ab. In Bezug auf die Ereignisse in Chemnitz
schrieb er: „Werden die medial völlig verzerrt dargestellten Vorfälle von
Chemnitz zum neuen Reichstagsbrand, zum Auftakt der offiziellen Verfolgung
politisch Andersdenkender?“
Wissenschaftler, Vertreter von Opfergruppen und namhafte Leiter von
Gedenkstätten haben daraufhin einen offenen Brief an Innenminister Horst
Seehofer verfasst. Darin fordern sie ihn auf, die AfD-Stiftung überprüfen
zu lassen. Die Finanzierung durch öffentliche Mittel stellen sie in Frage.
Ottes Tweet sei „ein klarer Fall von Geschichtsrevisionismus“, heißt es in
dem Brief, den mittlerweile fast 3.000 Unterstützer unterzeichnet haben.
Mit seiner rhetorischen Frage setze Otte „Neo-Nazis, die in Chemnitz People
of Color, Migrantinnen und Journalistinnen gewaltsam angegriffen und
bedroht haben, mit den Verfolgten des Nationalsozialismus gleich“.
Zu den Erstunterzeichnern des Briefs zählen unter anderem Repräsentanten
der Amadeu-Antonio-Stiftung und der Stiftung Topographie des Terrors.
Otte reagiert, wie man es von der AfD kennt: Auf Nachfrage der taz
distanziert er sich von seinem Tweet. Aber nicht, ohne im gleichen Atemzug
von „bezahlten Lobbyisten“ unter den Unterzeichnern zu sprechen. Eine
Verfolgung Andersdenkender sehe er weiterhin, etwa in der „Diffamierung
eines ganzen Bundeslandes – Sachsen“. Genauer wollte er auch auf Nachfrage
nicht werden.
Melon Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main,
hat den Brief an Seehofer initiiert. Man kenne „die Täter-Opfer-Umkehr und
eine Relativierung nationalsozialistischer Verbrechen“ von der AfD –
Steuergelder dürfe es dafür aber nicht geben.
Zöge die AfD in der nächsten Legislaturperiode erneut in den Bundestag ein,
was nach jetzigem Stand wohl niemand bezweifeln dürfte, erhielte die
rechtspopulistische Partei einen Anspruch auf jährlich rund 70 Millionen
Euro für die Stiftungsförderung. Das geht aus dem „Gleichheitssatz“ eines
Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1986 hervor.
Mendel fordert, die AfD-Stiftung müsse umgehend „ihr Programm im Bereich
historisch-politische Bildung, Holocaust-Erziehung und Auseinandersetzung
mit der NS-Geschichte offenlegen und von unabhängigen Experten prüfen
lassen“. Mit Sorge beobachtet er „die geschichtsrevisionistischen Haltungen
und Positionen aus dem Umfeld der Desiderius-Erasmus-Stiftung“. Mendels
größte Angst: „Vor allem Jugendliche können nicht sofort erkennen, dass die
Stiftung zur AfD gehört.“
Erika Steinbach, Vorsitzende der Stiftung und ehemalige CDU-Abgeordnete,
wollte sich auf Nachfrage zur Kritik nicht weiter äußern. Vor wenigen Tagen
schrieb sie in einem Leserbrief: „Ich wäre nicht Vorsitzende dieser
Stiftung geworden, wenn auch nur ein Hauch davon in der Programmatik
vorhanden gewesen wäre.“
Über die inhaltliche Ausrichtung der Stiftung ist wenig bekannt – abgesehen
davon, dass sie die politischen Positionen der AfD in der Gesellschaft
verankern will. Ein Blick auf Ottes Twitterfeed der letzten Tage lohnt
sich, um zumindest das Weltbild des Kuratoriumsvorsitzenden zu verstehen.
Einmal lobt er „die feine Intellektualität Alexander Gaulands“, dann dankt
er dem amtierenden Verfassungsschutzpräsidenten für seine Äußerungen nach
Chemnitz: „Danke, Hans-Georg Maaßen, für Ihre Haltung!“.
19 Sep 2018
## AUTOREN
Jonas Weyrosta
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