# taz.de -- berliner szenen: Da lacht der Mann vom Callcenter | |
Ich habe nichts zu tun, ein gemütlicher Nachmittag. Mein Handy klingelt, | |
fremde Nummer. Ein junger Mann fragt, ob ich mitmachen möchte: | |
Telefonumfrage zum Kaufverhalten im Supermarkt. Zu irgendwelchen | |
Balkendiagrammen beitragen, ich bin dabei. Wo sonst kann man noch nützlich | |
seine Meinung kundtun. | |
Ich frage nach dem Namen des Umfrageinstituts und lasse mir Anonymität | |
versprechen. Dann fängt der Interviewer mit der jungen Stimme an. „Wo | |
wohnen Sie?“ – „Berlin, Wedding.“ Der Interviewer lacht auf und gluckst… | |
den Hörer. „Sie haben ja Spaß bei Ihrer Arbeit!“, sage ich. „Nur weil S… | |
aus dem Wedding kommen. Wir sitzen hier in Tempelhof, also auch Berlin. Ist | |
ja voll der Zufall.“ Ich antworte nur „Okay“, und er fragt mit beschwingt… | |
Stimme weiter, was ich so kenne und kaufe. Und zu meinen Einstellungen, | |
sehr offen, sehr tolerant natürlich, für die positiven Balkendiagramme. | |
Am Schluss geht es um Geld und Status. Wie hoch mein Einkommen sei, will er | |
wissen, unter 2.000 Euro netto oder drüber. „Unter“, sage ich und ergänze: | |
„Ich habe gerade mein Studium beendet.“ Er kombiniert: „Also sind Sie | |
angestellt?“ – „Nein, Freelance, also arbeitsuchend. Also unter 2.000 | |
Euro.“ | |
Ich finde meine Antwort ein bisschen witzig, aber das kommt wohl anders | |
rüber: „Wenn Sie noch ’nen Job suchen, ist nicht schlecht hier. Können Sie | |
sich neben mich setzen.“ – „Wie viel zahlen die auf die Stunde?“, will … | |
wissen. „30 Euro für jedes Gespräch. Also Sie sind heute so der Zehnte, den | |
ich erreiche. Ist ganz gut.“ – „Nicht schlecht“, meine ich. | |
Er wirbt weiter für seinen Job: „Die suchen immer Leute. Können Sie sich ja | |
mal überlegen.“ – „Ich weiß nicht, ist, glaube ich, nicht so mein Ding, | |
aber danke“, sage ich. „Wir sehen uns dann!“, sagt er fröhlich und wir | |
legen auf. Marion Bergermann | |
19 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Marion Bergermann | |
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