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# taz.de -- berliner szenen: Am See im fremden Kiez
Berlin ächzt unter der Hitze. Ich fahre mit M. an einen See. Weil er in
Westberlin lebt, will er an den Schlachtensee. Ich war dort noch nie. Das
hat keine speziellen Gründe.
Wir wollen uns eine Flasche Wasser an einem Restaurant kaufen. 6 Euro.
Nein, das geht nicht, dann bleiben wir lieber kürzer und trinken eben
nichts.
Es ist voll am Ufer, doch unter ein paar Bäumen gibt es eine freie
Uferstelle, die von allen verschmäht wurde, weil nicht von der Sonne
berührt. Dort lassen wir uns nieder.
Kurz darauf kommt ein Mädchen zu uns. Sie hat einen kurzen, einen sehr
kurzen, geraden Pony, blonde, glatte Haare und eine Badehose an. Sie fragt
uns: „Was ist denn das?“ Und zeigt auf meinen Hund Chibi. M. sagt: „Eine
Seeratte.“ Alva, so heißt das Mädchen, runzelt die Stirn. Mir gefallen
Witze über meinen Hund gar nicht, also sage ich: „Das ist Chibi, ein sehr
freundlicher Hund, du darfst ihn gerne streicheln.“ Das macht das Mädchen
sogleich hingebungsvoll. Ich erkläre ihr, dass „Chibi“ ein japanischer Name
ist. „Ich kann Japanisch!“, ruft Alva. Ich bin irritiert. M. sagt mir
leise, dass das total normal sei, wir seien doch nahe Zehlendorf. „Ichi,
ni, san, shi, go, roku, shichi, hachi, kyu, ju.“, sagt Alva.
„Und woher kannst du das?“, frage ich. „Mein Papa hat mal in Japan gelebt…
– „Und woher kommt dein Name?“ – „Aus Schweden, da haben meine Eltern…
mal gelebt.“
„Sag, Alva, hast du auch ein Haustier?“ – „Ja, ich habe Wasserläufer.�…
„Und wo hältst du die?“ „In einem Glas mit Deckel.“
Wir gehen schwimmen, und Alva passt so lange auf Chibi auf. Er geht nicht
ins Wasser. Als wir wieder rauskommen, sagt sie besorgt: „Er hat euch
vermisst, er weint schon!“ Chibi ist zur Hälfte Chihuahua, seine Augen
tränen manchmal ein bisschen.
Nicola Schwarzmaier
13 Sep 2018
## AUTOREN
Nicola Schwarzmaier
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