Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- nordđŸŸthema: Nachwuchs in Flammen
> Seit diesem Jahr bietet die Hamburger Feuerwehr eine neue Ausbildung fĂŒr
> SchulabgÀnger an. Sie dauert drei Jahre, wird mit 1.000 Euro honoriert
> und am Ende ist man verbeamtet. Ein Besuch bei den neuen Azubis
Bild: Öffnet sich jetzt auch SchulabgĂ€ngern: Hamburger Feuerwehr, hier beim E…
Von Niels Holsten
„Wegen des Geldes geht man hier nicht hin“, sagt Matthis Luca Derboven,
„sondern weil man Lust hat, den Menschen zu helfen.“ Matthis ist 18 Jahre
alt und hat gerade erst die Fachhochschulreife gemacht. Er gehört zu den
ersten 17 AuserwÀhlten, die sich seit August bei der Feuerwehr Hamburg in
drei Jahren zum Berufsfeuerwehrmann ausbilden lassen.
Das ist neu, denn bisher brauchte man als Voraussetzung eine dreijÀhrige
Berufsausbildung, um sich dann in einer 18-monatigen Ausbildung zum
Feuerwehrmann zu qualifizieren.
„Wir versuchen die Leute nun direkt nach der Schule abzufangen, und sie so
frĂŒh fĂŒr uns zu interessieren und zu begeistern“, erklĂ€rt Jenny SchĂŒtt, b…
der Feuerwehr Hamburg zustĂ€ndig fĂŒr das Personalmarketing.
Eine wachsende Stadt habe auch einen erhöhten Bedarf an Feuerwehrpersonal,
sagt die 30-JĂ€hrige. Neue Feuerwachen seien in Planung. „Hinzu kommt, dass
in den nĂ€chsten zehn Jahren um die 1.000 Beamte in den Ruhestand gehen“, so
SchĂŒtt.
An Bewerbern mangelt es nicht. Auf die ersten 40 PlÀtze zum
Ausbildungsbeginn am 1. August und 1. September haben sich 420 Menschen
beworben. Aber es scheinen nicht die Richtigen zu sein. Zwei Drittel wĂŒrden
schon am Theorietest, bei dem es vor allem um Schul- und Allgemeinwissen
gehe, scheitern, sagt SchĂŒtt. An der zweiten HĂŒrde, dem Sporttest,
scheitern dann noch einmal viele, insbesondere die sowieso schon wenigen
weiblichen Bewerber, wie SchĂŒtt sagt. Am Ende konnten von den angepeilten
20 lediglich 17 die dreijĂ€hrige Ausbildung zum 1. August beginnen – alles
MĂ€nner.
Auch Derboven ist das erste Mal beim Sporttest durchgefallen. „Aus eigener
Blödheit“, wie er sagt. „Ich war erkĂ€ltet, und dann die Hallenluft im
Winter, da habe ich lieber aufgehört, bevor ich in der Ecke liege.“ Er habe
sich dann zwei Monate intensiv auf die Anforderungen, die im Internet
einsehbar sind, vorbereitet und „dann lief das auch“, so Derboven.
Mareike Schaper konnte sowohl die Mathematikaufgaben lösen als auch den
Ausdauerlauf von drei Kilometer in weniger als 15 Minuten bewÀltigen. Auch
sie hat das Auswahlverfahren durchlaufen und bestanden. „Ein ganz
entspannter Tag“, sagt die 22-JĂ€hrige.
Sie hat bei der Hamburger Feuerwehr zuvor eine dreijÀhrige Ausbildung zur
NotfallsanitÀterin absolviert und nun noch 15 Monate Ausbildung vor sich.
Dann ist auch sie Brandmeisterin, so die offizielle Bezeichnung. Schaper
ist dann eine von derzeit einem Prozent Frauen bei der Hamburger Feuerwehr.
„Ich wundere mich schon manchmal ĂŒber die GesprĂ€che“, sagt Schaper. Es
hĂ€tte aber noch keinen gegeben, der gegen sie angegangen wĂ€re. „Aber man
wird auch nicht mit Samthandschuhen angefasst“, so ihre Erfahrung, „man
wird genauso mit blöden SprĂŒchen bombardiert wie alle anderen auch“. Manche
wĂŒrden sich aber sogar freuen und wollen, dass eine Frau mitfĂ€hrt, da es
manche Situationen vereinfachen wĂŒrde.
Auch Derboven glaubt, dass eine Frau auf der Wache schon etwas ausmache:
„Der Humor stumpft doch mit der Zeit ab“, sagt er, „wenn eine Frau da ist,
ist man vielleicht ein bisschen sensibler.“
Beide freuen sich auf den Berufsalltag nach der Ausbildung. Zwar wĂŒrde man
schon wÀhrend der Ausbildung mit auf EinsÀtze fahren, aber eben nicht als
vollwertige Kraft.
Nach Abitur, SanitĂ€ts- und Feuerwehrausbildung will Schaper „endlich
praktisch arbeiten“. Sie freue sich auf die EinsĂ€tze und die körperliche
Arbeit: „Das macht mir unheimlich viel Spaß, mit den Kollegen zu sagen,
‚jetzt haben wir zusammen ein Feuer gelöscht‘.“
Derboven freut sich auf „die Kameradschaft, auf das Zusammensein mit den
Kollegen auf der Wache“. Seine schlimmste BefĂŒrchtung sei, „als Junger auf
die Wache zu kommen und direkt von Älteren runtergemacht zu werden“, so
Matthis.
Den Zahn kann Schaper ziehen: Sie war schon auf drei Wachen und wurde dort
„super herzlich aufgenommen“, wie sie berichtet. Es gebe aber auch lieb
gewonnene Traditionen: „Es passiert schon mal, dass man einen Eimer Wasser
ĂŒber den Kopf bekommt oder der Spind zugenagelt ist.“ Meist passiere so
etwas, wenn man sich etwas „Blödes“ geleistet habe. „Ist ganz lustig, mu…
man mit umgehen können“, sagt die 22-JĂ€hrige. In der Regel rede man darĂŒber
und dann sei die Sache auch vergessen.
Ihre grĂ¶ĂŸte BefĂŒrchtung sei, „einen schweren Kollegen nicht aus dem Feuer
zu bekommen, wenn er da liegt“. Solche Situationen wĂŒrden aber stĂ€ndig
trainiert, sodass man gut darauf vorbereitet sei.
Auch deshalb finden beide, das TeamfĂ€higkeit „super, super wichtig“ ist,
wie Schaper betont. „EinzelgĂ€nger kommen bei der Feuerwehr nicht weit,
sondern relativ schnell aufs Abstellgleis“, sagt sie, man mĂŒsse sich
aufeinander verlassen können. Und auch Derboven sagt: „Mit
Hilfsbereitschaft ist man hier schon mal ganz gut aufgehoben.“ Außerdem
sollte man einen leicht technischen Blick haben: „Man sollte sehen, wenn
eine Leiter schief steht, die wegrutschen könnte“, sagt Matthis, „hoch
fachtechnisch spezialisiert“ mĂŒsse man aber nicht sein.
1 Sep 2018
## AUTOREN
Niels Holsten
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.