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# taz.de -- Staatsanwältin droht Anklage
> Die Beamtin soll Tiere beschlagnahmt und ihren Eigentümern den Rechtsweg
> verwehrt haben
Das ist beispiellos in Schleswig-Holsteins Justizgeschichte: Eine
Staatsanwältin findet sich wegen schwerer Rechtsverstöße auf der
Anklagebank wieder. Ihretwegen gingen Tierhalter auf die Barrikaden,
Justizministerium und Generalstaatsanwalt schritten ein. Der Fall
beschäftigte auch Landtagsabgeordnete. Die 42-jährige Juristin soll als
Dezernentin für Tierschutz bei der Staatsanwaltschaft Kiel das Recht
gebeugt haben, als sie Dutzende Tiere beschlagnahmen und notverkaufen ließ
– unter Missachtung der Widerspruchsrechte der Besitzer.
Zu den Tieren gehörte Elefantendame „Gitana“. Auch Tiger, Löwen und
Krokodile soll die Juristin aus Zirkussen abtransportiert und per
Notverkauf unter anderem nach Belgien vermittelt haben. Ebenso wechselten
Rinder, Pferde, Hunde, Kaninchen und Katzen die Besitzer – ohne dass die
Betroffenen Gelegenheit erhielten, dagegen anzugehen. Sie mussten laut
Anklage ansehen, wie ihre Tiere verladen und weggeschafft wurden – oft
unterstützt von einem Polizeiaufgebot. Das im Rechtsstaat gebotene
rechtliche Gehör fanden die Eigentümer demnach nicht.
Auf Anordnung des Generalstaatsanwalts ermitteln Staatsanwälte aus Itzehoe
seit 2014 gegen die Beamtin. Sie werfen der Kollegin Rechtsbeugung,
Verfolgung Unschuldiger und Diebstahl vor. Überprüft werden etwa 30
Vorgänge aus den Jahren 2011 bis 2014, sagt der Sprecher der Itzehoer
Staatsanwaltschaft. Sollte sich daraus ein hinreichender Tatverdacht
ergeben, würde das Landgericht Kiel ein Strafverfahren gegen die
Staatsanwältin eröffnen.
Parallel hierzu läuft bereits ein verwaltungsrechtliches Verfahren. Denn
die Staatsanwältin hat dagegen geklagt, dass sie vorläufig des Dienstes
enthoben und ihre Bezüge um 25 Prozent gekürzt wurden. Das
Verwaltungsgericht Schleswig wies diese Klage als unbegründet ab – und
eröffnete ihr düstere Aussichten.
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen, urteilten die Richter Mitte
Juni, gebe es „keine ernstlichen Zweifel daran“, dass „die Entfernung der
Antragstellerin aus dem Dienst als Ergebnis des Disziplinarverfahrens
überwiegend wahrscheinlich“ ist. Dies gelte auch für die Entfernung aus dem
Beamtenverhältnis.
Auch in der strafrechtlichen Verhandlung vor dem Landgericht muss die
Angeklagte demnach mit einer Niederlage rechnen. Dies erscheine „angesichts
der geschilderten tatsächlichen Ereignisse und der Ermittlungen und
Beweismittel in der Anklageschrift“ ebenfalls überwiegend wahrscheinlich,
meinen die Verwaltungsrichter. Für Rechtsbeugung drohen laut
Strafgesetzbuch zwischen einem und fünf Jahren Haft. Bei der Verfolgung
Unschuldiger sind es zehn Jahre.
Die Verwaltungsrichter wurden in ihrer Entscheidung sehr deutlich: Es
gehöre zu den Pflichten einer Staatsanwältin, Straftaten rechtsstaatlich
aufzuklären und Beschuldigten ein neutrales Verfahren zu gewährleisten.
Eine Beamtin, die „systematisch verfahrenswidrig Rechtsschutz verwehrt“, um
eigene Vorstellungen von Rechtmäßigkeit durchzusetzen, verletze das in sie
gesetzte Vertrauen aufs Schwerste. (dpa)
25 Jul 2018
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