# taz.de -- Dumping-Jobs vom Amt | |
> In Bremen hat ein neues Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose | |
> begonnen. Das nütze bloß den Arbeitgebern, kritisiert der Bremer | |
> Erwerbslosenverband | |
Bild: Bestimmt gut für Bremen, aber bringt das auch berufliche Perspektiven? L… | |
Von Simone Schnase | |
Über 16.000 Menschen gelten im Land Bremen als langzeitarbeitslos, das | |
heißt: Sie beziehen ein Jahr oder länger Leistungen von der Arbeitsagentur | |
oder Jobcenter. Um zumindest ein paar von ihnen eine Perspektive zu bieten, | |
ist nun erneut ein vom Land, Jobcenter und dem Europäischen Sozialfonds | |
finanziertes Programm gestartet. Als „Ein-Euro-Jobs in neuen Tüten“ | |
bezeichnet das allerdings der Bremer Erwerbslosenverband. | |
Rund 500 Stellen sollte das im Januar 2017 gestartete Programm | |
„Landesprogramm Langzeitarbeitslose – Perspektive Arbeit“, kurz: „Lazlo… | |
schaffen: Es soll langzeitarbeitslose Menschen, hier vor allem | |
alleinerziehende Mütter, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen | |
über 50 Jahre, zwei Jahre lang in Arbeit bringen und ihnen damit den Weg | |
zurück ins Berufsleben erleichtern. Noch einmal 130 Stellen sollen jetzt | |
durch das im Juni begonnene Programm „Perspektive Arbeit Saubere Stadt“ | |
(Pass) hinzukommen. | |
Arbeitgebern, die an den Programmen teilnehmen, werden die Lohnkosten | |
größtenteils und unter bestimmten Voraussetzungen sogar komplett erstattet. | |
Die geförderten Stellen müssen tariflich oder ortsüblich bezahlt werden | |
und: Sie dürfen keine anderen, regulären Arbeitsplätze ersetzen. Das ist | |
vergleichbar mit den „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ (ABM), die es seit 2012 | |
nicht mehr gibt. | |
Bloß: ABM-Stellen haben nicht zum gewünschten Erfolg geführt, ebenso wenig | |
wie die darauf folgenden Ein-Euro-Jobs oder andere „Arbeitsgelegenheiten“. | |
Sie haben für die Langzeitarbeitslosen in der Regel keine Rückkehr in den | |
„ersten Arbeitsmarkt“ gebracht, dafür aber Arbeitgebern Nischen zur | |
Schaffung staatlich subventionierter Jobs geschaffen. | |
Daran scheint sich auch jetzt nichts zu ändern: „Erst vor Kurzem kam ein | |
Mitte 50-jähriger Mann zu uns, dem seine Stelle in einem Gärtnereibetrieb | |
in Bremen-Nord gekündigt worden ist“, berichtet Tobias Helfst vom Bremer | |
Erwerbslosenverband (BEV). Sein Arbeitgeber habe nicht damit hinterm Berg | |
gehalten, dass er „durch das Pass-Programm jetzt viel billiger an | |
Arbeitskräfte kommen kann“. Gerade dieses neue Programm, sagt Helfst, sei | |
das beste Beispiel dafür, dass es sich hier eben um Stellen handele, die in | |
Konkurrenz zum regulären Stellenmarkt stehen: „Es handelt sich hierbei zum | |
Teil sogar um halbstaatliche Tätigkeiten.“ | |
Denn durch das „Pass“-Programm werden nicht nur Concierge-Stellen in | |
Hochhäusern und Wohnsiedlungen gefördert, sondern vor allem Jobs, die in | |
Bremens Stadtteilen bis Ende 2019 für mehr Sauberkeit auf Straßen und | |
Plätzen sorgen sollen. So ist unter anderem bereits ein | |
Beschäftigungsprojekt mit dem Schwerpunkt Haltestellenreinigung bei der | |
Bremer Straßenbahn AG (BSAG) gestartet. Sind das tatsächlich „zusätzliche�… | |
Jobs? „Nun, vielleicht kann Bremen sich die Müll-Rekommunalisierung durch | |
ein solches Projekt ja künftig leisten?“, sagt Helfst und meint das | |
durchaus nicht nur ironisch. | |
Wichtiger sind ihm allerdings die Auswirkungen auf diejenigen, denen | |
Programme für Langzeitarbeitslose nützen sollen: „Wenn sie Bestandteil der | |
Eingliederungsvereinbarung zwischen einem ALG-II-Empfänger und dem | |
Jobcenter sind, dann muss der Arbeitslose auch daran teilnehmen – sonst | |
riskiert er eine Sperre seiner Leistungen“, sagt er. Durch die Teilnahme an | |
einem Programm gilt man als „vermittelbarer“ als vorher: „Ich kenne | |
beispielsweise eine Frau, die über Lazlo einen Job in einer Küche hat und | |
damit sehr glücklich ist – sie bekommt aber jetzt schon, Monate vor Ende | |
der Maßnahme, vom Jobcenter Angebote für superschlecht bezahlte Putzjobs“, | |
sagt Helfst. Und obwohl bei diesen Angeboten klar sei, dass selbst der | |
Mindestlohn durch Überstunden unterlaufen würde, sei es kaum möglich, sie | |
abzulehnen: „Damit riskiert sie eine Sperre ihrer Leistungen.“ | |
Arbeitslosigkeit kann nur durch Arbeitsplätze bekämpft werden – die es aber | |
nicht gibt, schon gar nicht in Bremen. Das zeigt auch das vorläufige | |
Resultat der auf zwei Jahre befristeten Lazlo-Jobs, für die das Land Bremen | |
pro Jahr 3,5 Millionen Euro investiert: „Bisher haben 25 Lazlo-Teilnehmende | |
einen Übergang in ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung | |
gefunden“, heißt es auf Nachfrage beim Senator für Arbeit. | |
„Was für eine Kosten-Nutzen-Rechnung!“, lacht Tobias Helfst. „Was hätte… | |
den 500 Menschen von all der Kohle für ein schönes Leben machen können!“ | |
13 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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