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# taz.de -- Henning Harnisch Henningway: Eine Ode an den Sport
Sport war bei mir immer da. Um gemacht, nachgemacht und ausprobiert zu
werden. Zum Spaß, als Wettbewerb, als ernste Sache.
Sport, das waren die Sportarten, das war Fußball, Volleyball, Basketball.
Sport war Hochsprung, Fechten, Tennis. Sport war Tischtennis, Rollhockey
und Federball. Sport war der 1.000-Meter-Lauf, der Fahrtenschwimmer und
Skifahren. Sport war draußen und drinnen, Sport waren die Jahreszeiten.
Sport war freiwilliges Lernen.
Sport waren Bruder, Freunde, Gegner und die erste Liebe. Sport waren
Trainer, Lehrer und die Eltern. Sport waren auch Regeln, Linien,
Schiedsrichter und die Funktionäre.
Sport waren bestimmte Räume, die zu Orten wurden: Sport war der Bolzplatz,
Sport war Tischtennis im Hobbyraum, war Fußball mit dem Tennisball auf die
Klotüren des Schulhofs und war Tennis auf der Straße. Sport war Hochsprung
im Leichtathletikstadion, Basketball, Volleyball und der Sportunterricht in
der Schulturnhalle. Sport war Basketball im Verein. Und ein Jahr der
Fechtverein. Sport war für drei Sommer das Vereinsheim im Tennis. Sport
waren die ersten eigenen Orte.
Sport waren diese Techniken verbunden mit aufregend klingenden neuen
Wörtern: Topspin, wedeln, volley, Butterfly.
Sport waren Geräusche, die so nur der Sport herstellt und die manches Spiel
erzählen: das „Klonk!“ des Baseballs, das den Homerun akustisch eröffnet;
das „Swish“ des perfekten Wurfs, wenn der Ball durch das Netz flutscht.
Oder alltäglicher: das Quietschen der Schuhe im Basketball; oder das
„Abziehen“ des Sandplatzes im Tennis. Das Schweigen der Fans der
Heimmannschaft, wenn das Spiel „durch“ ist.
Und Sport war riechen, nach frisch gemähten Rasen, nach durchgeschwitzten
Sportklamotten, nach Chlor, nach Geräteräumen mit Turnmatten und
Sprungböcken. Und Sport waren die Materialien, die Lederbälle und
Tennisschläger, die Gummibälle, das Skateboard und die Abfahrtsskier, es
waren das Tor, der Korb, das Netz, Spiele gespielt auf PVC- und
Parkettböden, auf Rasen- und auf Aschenplätzen. Zwei Handtücher waren ein
Tor.
Sport war Kleidung – diese weiße Ausrüstung der Cricketspieler und
Tennisspieler; die ersten echten Basketballschuhe; die Fechtmontur.
Sport war da, um angeguckt und um gehört zu werden. Dieser Sport war
verbunden mit fernen Orten und Namen, es war ein Aufwachsen und Wachsen mit
ihnen, ein Eintauchen in Geschichte und Geschichten von weit weg. Ein Leben
mit Ingmar Stenmark, Emerson Fittipaldi, und Edwin Moses. Sport waren die
Ikonen ihrer Sportarten, visuelle Vorbilder mit Namen wie der Sound vom
Sport aus fernen Welten. Es war ein Leben mit der Tour, Flushing Meadows
und dem Betze. Magischer Klang der Sportorte. Die olympischen Spiele. Sport
waren die roten Adidas München, Gladbach in Puma, Dänemark in Hummel, Björn
Borg mit dem Donnay-Schläger und K-2-Skier.
Sport war der Sonntag mit nacheinander Sportreportage, Sportschau und dem
Sportkalender im HR. Drei Stunden – die beste Zeit der Woche. Mit
Rhönradfahren, Pferderennen und Turniertanzen. Ausgeschaltet haben wir nie.
Sport war Ben Wett, unser Mann aus Amerika und Harry Valerien und
Hans-Joachim Rauschenbach. Sport war das Radio neben dem Bett, die
Europapokalspiele im Fußball am Mittwoch. Sport war Zuhören.
Sport war die Zeitung, vielmehr: war der Sportteil, mit den vielen Tabellen
am Montag, regionaler, nationaler, internationaler Sport, mit den Fotos von
den großen Ereignissen und den großen Taten. Und das war auch der Tag, an
dem der eigene Name zum ersten Mal dort zu lesen war.
Sport war das alles.
Henning Harnisch, ehemaliger Basketballnationalspieler und Vizepräsident
des Bundesligisten Alba Berlin. Er schreibt hier jeden zweiten Donnerstag
im Monat über Kultur, Sport und Pädagogik.
12 Jul 2018
## AUTOREN
Henning Harnisch
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