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# taz.de -- Bremer in Brüssel uneins
> Als das EU-Parlament in der vergangenen Woche die Urheberrechtsnovelle
> kippte, hat die Grüne Abgeordnete Helga Trüpel für sie gestimmt, SPD-Mann
> Joachim Schuster gegen sie
Bild: Vorsicht, Troll! Für deren Wirken im Netz hätten Facebook & Co. haften …
Von Lukas Thöle
Als das Europäische Parlament die Urheberrechtsreform am vergangenen
Donnerstag vorerst gestoppt hat, standen die Europaabgeordneten aus Bremen
auf gegensätzlichen Seiten: Während Helga Trüpel (Grüne) für die Reform
stimmte, votierte ihr SPD-Kollege Joachim Schuster dagegen.
Seit Jahren streitet das Europaparlament darüber, wie es das Urheberrecht
aktualisieren und europaweit vereinheitlichen kann. Im Juni hatte der
Rechtsausschuss für den Entwurf des CDU-Politikers Axel Voss gestimmt, der
ein Leistungsschutzrecht und Upload-Filter vorsieht (siehe Kasten).
Netzaktivist*innen hatten diese beiden Punkte in den vergangenen Wochen
scharf kritisiert.
Die Grüne Trüpel ist enttäuscht: „Das Gesetz wäre ein guter Ansatz für d…
längst überfällige Regulierung des digitalen Kapitalismus gewesen“, sagt
sie. Als Kulturpolitikerin will sie die europäischen Künstler*innen und
Kreativen gegenüber großen Plattformen wie YouTube stärken. „Die
Entscheidung des Parlaments gefährdet die kulturelle Vielfalt in Europa“,
so Trüpel.
Trüpel unterstützt das Leistungsschutzrecht, um den „digitalen
Kapitalismus“ zu bekämpfen. Damit meint sie vor allem Facebook und Google,
die mit fremden Inhalten Geld verdienen. „Ich behaupte nicht, dass das die
einzige Lösung ist, aber für mich ist es ein Schritt von vielen, die nun
auf den Weg gebracht werden müssen“, sagt Trüpel. Noch vor anderthalb
Jahren war sie gegen ein Leistungsschutzrecht. Damals sollten nur Verlage,
nicht aber Autor*innen an den Einnahmen beteiligt werden. Außerdem war noch
keine Ausnahme für privat geteilte Links vorgesehen. „Das hielt ich für
falsch“, so Trüpel. Die aktuelle Fassung sei aber „ausbalanciert“ und
„nutzerfreundlich“.
Upload-Filter muss es laut Trüpel nicht geben. Sie sagt: „Die Plattformen
sollen die von ihnen genutzten Inhalte lizensieren.“ YouTube & Co. sollten
also einen Persilschein für Straftaten kaufen, die andere begehen. „Man
kann YouTube nicht mit der Post vergleichen, die Briefe ungeöffnet
weiterleitet und daher nicht verantwortlich gemacht werden kann“, so
Trüpel.
Netzaktivist*innen sehen „toxische Nebenwirkungen“. Die Wikimedia-Stiftung
sagt: „Hier bekämpfen sich zwei mächtige wirtschaftliche Komplexe – den
Rest der Welt treffen die Kollateralschäden.“ Gemeint sind die alte
Verwertungsindustrie – also Verlage und Plattenfirmen – und die digitale
Verwertungsindustrie wie Google, Facebook oder Spotify.
Upload-Filter sind laut Linus Neumann vom Chaos Computer Club „das genaue
Gegenteil einer Einschränkung der marktbeherrschenden Stellung von Google
und Facebook“. Denn bereits jetzt seien Filter eine Dienstleistung, die
kleinere Plattformen von Google kaufen müssen.
Das Leistungsschutzrecht gilt in Deutschland schon seit 2013 – aber viele
Verlage verzichten auf ihre Einnahmen, um weiterhin von Google verlinkt zu
werden. Die, die das nicht tun, streiten sich seit Jahren mit Google vor
Gericht. „Das Leistungsschutzrecht war eine Blamage mit Ansage und die
Fehler der Vergangenheit werden jetzt wiederholt“, so Neumann.
Sozialdemokrat Schuster hingegen nimmt die Kritik ernst: „Upload-Filter
können tatsächlich die Meinungs- und Kunstfreiheit gefährden.“
Kulturschaffende müssten zwar gerecht entlohnt werden, aber der Staat dürfe
die Verantwortung dafür nicht in private Hände legen. Das grenze an
automatisierte Zensur. „Mich erreichten sogar einige persönliche Anrufe von
besorgten Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema“, so Schuster. Er habe
deswegen gegen den Gesetzesentwurf gestimmt. Das EU-Parlament entscheidet
im September erneut.
9 Jul 2018
## AUTOREN
Lukas Thöle
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