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# taz.de -- petition der woche: Gegen Werbung für Muttermilchersatzprodukte
Die Hilfsorganisation „Aktion gegen den Hunger“ erhebt schwere Vorwürfe
gegen die Hersteller von Muttermilchersatzprodukten: Diese sollen
Kinderleben gefährden, indem sie mit aggressivem Marketing Mütter in
Entwicklungs- und Schwellenländern davon überzeugen, dass Milchpulver
besser für ihr Baby sei als Stillen. In einer Petition mit dem Titel
„Danone, Nestlé & Co. gefährden Kinderleben“ fordert die Hilfsorganisation
die sechs größten Hersteller von Muttermilchersatzprodukten auf, dieses
Marketing einzustellen.
„Aktion gegen den Hunger“ wolle keiner Frau vorschreiben, wie sie ihr Baby
zu ernähren habe, sagt Pressesprecherin Sylvie Ahrens-Urbanek. Doch die
Entscheidung der Frauen solle auch nicht durch Werbekampagnen für
Babynahrung beeinflusst sein.
„Wir sehen oft in den Ländern, in denen wir tätig sind, dass Frauen nicht
darüber aufgeklärt werden, dass sie genauso gut stillen könnten und dass
das auch die kostengünstige Variante ist“, sagt Ahrens-Urbanek. Vor allem
in armen Ländern griffen Mütter häufig zu Ersatzprodukten, weil sie
glauben, diese seien besonders gesund. Das Gegenteil sei der Fall: Viele
Babys erkrankten, weil ihre Nahrung mit verunreinigten Wasser angerührt
wird. Manche Mütter verdünnten das Pulver, weil sie sich die nötige Menge
nicht leisten können.
Bis zu 823.000 Todesfälle von Kindern könnten jedes Jahr verhindert werden,
wenn nahezu alle Frauen stillen würden. Das ist das Ergebnis einer Studie
zum Stillen im 21. Jahrhundert, die 2016 im Medizinjournal The Lancet
erschienen ist. Das Stillen schützt vor allem vor Durchfall und
Atemwegsinfektionen, so die Studie.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Kinder bis zum Alter von
sechs Monaten ausschließlich zu stillen. Im Zeitraum von 2007 bis 2014
wurden aber weltweit nur 36 Prozent aller Babys auf diese Weise ernährt.
Schon 1981 hat das höchste Gremium der WHO, die World Health Assembly,
einen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten
verabschiedet. Der ist nur eine Empfehlung, doch viele Länder haben ihn
oder Teile davon in nationales Recht umgesetzt. Der Kodex verbietet
öffentliche Werbung, Geschenke und Proben an Mütter, Einflussnahme auf
Gesundheitspersonal und Bilder, die den Einsatz von Muttermilchersatz
idealisieren.
Bei ihrer Arbeit in Ländern des globalen Südens fiel den Mitarbeitenden von
„Aktion gegen den Hunger“ immer wieder auf, dass Unternehmen gegen diesen
Kodex verstoßen. Anfang 2018 veröffentlichte auch die Organisation „Save
the Children“ einen kritischen Bericht über die Marketingpraktiken der
sechs größten Hersteller von Muttermilchersatzprodukten.
Mehr als 17.500 Menschen im deutschsprachigen Raum haben die Petition
bisher unterschrieben. Das Ziel der Hilfsorganisation ist, dass alle sechs
angesprochenen Konzerne eine Art Pakt gegen das Marketing unterschreiben.
Das könnte eine Signalwirkung auch für kleinere Anbieter von
Muttermilchersatz haben, so die Hoffnung. Nestlé und Danone gaben
Stellungnahmen heraus, dass sie den WHO-Kodex unterstützen.
Doch Selbstverpflichtungen allein seien nicht genug, sagt Sylvie
Ahrens-Urbanek. Auch die betroffenen Länder müssten aktiv werden, indem sie
schärfere Gesetze erlassen. Johanna Kleibl
23 Jun 2018
## AUTOREN
Johanna Kleibl
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