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# taz.de -- Alles nur Werbemasche
> Sankt Pauli soll zum UNESCO-Kulturerbe werden. Kritiker*innen sehen in
> der Initiative einen Marketingtrick
Von Mareen Butter
Sankt Pauli soll immaterielles Kulturerbe der UNESCO werden – zumindest,
wenn es nach der Quartiersmanagerin Julia Staron geht. Unterstützung
erfährt sie unter anderem durch die Sankt Josephgemeinde, die IG Sankt
Pauli und Travestie-Künstlerin Olivia Jones.
Bei der Initiative soll es jedoch nicht um eine Art Denkmalschutz gehen,
wie es beim materiellen Welterbe der Fall ist. Vielmehr sei das Ziel, eine
Diskussion im Stadtteil zu fördern: An die Bewohner*innen Sankt Paulis
sollen Fragebögen verteilt werden, um herauszufinden, was Sankt Pauli
eigentlich ist und was seine Anwohner*innen verbindet. Die Umfrage soll
dann laut Staron bis etwa Ende des Jahres ausgewertet und anschließend
beschlossen werden, ob die Bewerbung offiziell eingereicht wird. „Das alles
wird uns sehr herausfordern“, sagt Staron, doch die Mühe sei es den
Initiator*innen wert. Eva Decker vom Sankt Pauli Museum, die die Initiative
unterstützt, sagt: „Wir wollen nicht erklären, was Sankt Pauli ist, sondern
der Stadtteil soll es selbst herausfinden.“
Auch Pastor Sieghard Wilm von der evangelischen Kirchengemeinde Sankt Pauli
unterstützt die Idee. Für ihn gehe es um Dialog und darum, dass möglichst
viele Menschen animiert werden, mitzumachen. In der Tat ist eine
Beteiligung der Gemeinschaft erforderlich, damit ein Ort als immaterielles
Kulturerbe anerkannt wird, sagt Katja Römer, Pressesprecherin der deutschen
UNESCO-Kommission. Auf der Liste der deutschen immateriellen Kulturerben
stehen zum Beispiel die ostfriesische Teekultur und der rheinische
Karneval.
Die Begründer*innen der Initiative luden gestern Medienvertreter*innen in
die Kneipe „Silbersack“ ein, um das Projekt vorzustellen. Doch von
Gemeinschaft keine Spur: Nur wenige Anwohner*innen hatten scheinbar von dem
Projekt erfahren. Ein Grund zur Empörung für viele Anwesende, die in der
Initiative nichts als einen Marketingtrick sehen. Sankt Pauli, so sind sich
viele sicher, werde nur noch mehr zum öffentlichen Freilichtmuseum und
Touristenviertel gemacht, von dem nur die großen Unternehmen profitieren,
die Interessen der Einwohner*innen allerdings nicht beachtet werden.
„Was ist es denn eigentlich, dass ihr hier schützen wollt?“, so ein
Zwischenruf aus dem Publikum. Ähnlich sieht das Michel Ruge, Schriftsteller
und Stadtteil-Aktivist: „Dies hier ist eine Plattform der
Selbstdarstellung. Sankt Pauli wird ballermannisiert und die, die einen
wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen, sind jedenfalls nicht die
Einwohner.“Auf die Nachfrage, was der Status als Kulturerbe für den
Stadtteil zur Folge hätte, konnte niemand eine Antwort geben. Dafür sei die
Planung noch zu wenig fortgeschritten.
12 Jun 2018
## AUTOREN
Mareen Butter
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