| # taz.de -- Demonstrieren gegen die Berliner Linie | |
| > Nach den Besetzungen und Räumungen an Pfingsten protestierten am Freitag | |
| > 500 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die Stadt und Land | |
| Von Susanne Brust | |
| „Besetzungen sind kein Verbrechen“, hallte es am Freitagabend durch die | |
| Straßen Berlins. In Solidarität mit der Gruppe #besetzen, die am | |
| Pfingstwochenende zehn leer stehende Objekte in Berlin und Potsdam besetzt | |
| hatte, war nun zu einer Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln | |
| aufgerufen worden. Anlass dafür waren vor allem die Forderungen nach | |
| Straffreiheit für alle Besetzer*innen, die Entkriminalisierung von | |
| Besetzungen und die Abschaffung der Berliner Linie, die vorschreibt, | |
| Besetzungen in Berlin innerhalb von 24 Stunden zu räumen. | |
| ## Vorbei am Google-Campus | |
| Am Freitag um 18 Uhr versammelten sich etwa 500 Demoteilnehmer*innen am | |
| Lausitzer Platz in Kreuzberg, um von dort aus bis zum Karl-Marx-Platz in | |
| Neukölln zu ziehen. Die Route führte die Demonstration zunächst vorbei an | |
| der Reichenberger Straße 114, die am vergangenen Sonntag besetzt und | |
| geräumt worden war. Weiter ging es mit verschiedenen Redebeiträgen und | |
| Musik am geplanten Google-Campus im alten Umspannwerk Kreuzberg und den im | |
| letzten Juni geräumten Kiezladen Friedel 54 vorbei und verband damit | |
| zentrale Orte des aktuellen Mietenprotests in Berlin. | |
| In der Nähe der Neuköllner Zentrale der Stadt und Land Wohnbauten GmbH | |
| hielten die Demonstrierenden eine Zwischenkundgebung ab. Das Gebäude in der | |
| Bornsdorfer Straße 37b, in dem die Besetzer*innen am Pfingstsonntag 40 leer | |
| stehende Wohnungen in Beschlag genommen hatten und das der Stadt und Land | |
| als kommunalen Wohnungsbauunternehmen gehört, war am späten Sonntagabend | |
| trotz voriger Verhandlungen zwischen Besetzer*innen, anwesenden | |
| Politiker*innen und Stadt-und-Land-Chef Ingo Malter von einer | |
| Polizeieinheit geräumt worden. | |
| In der Konsequenz erhielten 56 Personen Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs, | |
| einige auch wegen Widerstands. In einer Pressemitteilung äußerte sich | |
| #besetzen-Pressesprecherin Kim Schmitz zum Ende der Verhandlungen: „Vom | |
| Geschäftsführer von Stadt und Land wurden uns 30 Minuten Rücksprachezeit | |
| zugesichert. Diese war weder abgelaufen, noch waren die Besetzer*innen – | |
| wie kolportiert – nicht zu erreichen, sondern vielmehr dabei, sich das | |
| rückgetragene Angebot […] anzuhören“. | |
| Nun fordern die Besetzer*innen die sofortige Rücknahme der Strafanzeigen | |
| durch Stadt und Land. Deren Geschäftsführer, Malter, hatte jedoch bereits | |
| in der letzten Woche bekannt gegeben, dass dies nicht geschehen würde. | |
| Gleichzeitig fordern die Aktivist*innen ein Ende der Berliner Linie, die | |
| sie „eine politische Vereinbarung aus grauen Vorzeiten“ nennen. Die Debatte | |
| über Legitimation von Leerstandsbesetzungen hatte auch den Berliner | |
| rot-rot-grünen Senat in der letzten Woche beschäftigt. | |
| Nachdem der Zug von Demonstrierenden noch die ehemalig besetzten Objekte in | |
| der Karl-Marx- Straße 145 und der Bornsdorfer Straße 37b passiert hatte, | |
| wurde die Demonstration um etwa 20.30 Uhr am Karl-Marx-Platz für beendet | |
| erklärt. Lisa Sommer, #besetzen-Aktivistin und Sprecherin, zieht Bilanz: | |
| „Die Demonstration hat uns sehr empowert, es waren heute Abend viele | |
| Hundert Leute mit uns hier. Auch die Anwohner*innen haben uns ihre | |
| Solidarität bekundet. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir weitermachen. | |
| Die Polizei war zwar sehr präsent, Probleme gab es jedoch bis auf einige | |
| Taschenkontrollen nicht.“ Auch ein Sprecher der Polizei bestätigte | |
| gegenüber taz am Samstag, die Demonstration sei „störungsfrei“ verlaufen. | |
| Laut den Besetzer*innen endet ihre Aktion mit der Demonstration jedoch | |
| nicht: „Es gibt immer noch Leerstand, immer noch zu wenig Wohnraum für alle | |
| und zu wenig unkommerzielle und selbstverwaltete Räume. So lange das so | |
| ist, […] müssen Investoren und Regierende mit uns rechnen.“ | |
| 28 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Brust | |
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