# taz.de -- Wenn das Publikum murrt | |
> Nach der Premiere des Films „Der Gipfel – Performing G20“ sollte | |
> kontrovers diskutiert werden. Aber zwischen die Aktivistin und den | |
> Innensenator passte kaum ein Blatt | |
Von Hannes Stepputat | |
Andy Grote kommt! So gerüchtet es vor der Premiere des Dokumentarfilms „Der | |
Gipfel – Performing G20“ am Mittwoch im Abaton. Und tatsächlich: Während | |
der Werbung schleichen der SPD-Innensenator und drei seiner | |
Personenschützer durch den Notausgang in den Kinosaal. Sie wollen wie die | |
rund 40 weiteren Kinobesucher den Film von Regisseur Rasmus Gerlach sehen, | |
der sich dem kreativen und performativen Protest während des Gipfels | |
widmet. | |
Ob blau geschminkte Protestschlümpfe, Aktivistinnen eines Megafonchors oder | |
die 1.000 Gestalten, die sich wie graue Bleifiguren in Zeitlupe durch die | |
Stadt bewegten – Gerlach lässt in seinem Film Aktivist*innen hinter dem | |
Protest zu Wort kommen. Wie die Künstlerin Fiona O., das ist die junge | |
Frau, die auf einem Räumpanzer der Polizei stehend von Beamten mit | |
Pfefferspray besprüht und so zu einem Symbol des Protestes gegen den Gipfel | |
in Hamburg wurde. | |
Fiona O. sitzt nach dem Film mit Grote und Gerlach auf dem Podium. | |
Angezeigt habe sie die Polizisten nicht, „weil ich selbst dafür | |
verantwortlich war und weil ich das ja auch provoziert habe“, sagt sie. Die | |
Polizei leitete selbst Ermittlungen gegen die hessischen Beamten ein, die | |
O. besprühten. Das Verfahren sei an die Staatsanwaltschaft abgegeben | |
worden, erzählt O. Grote wirbt für ein Ende der gegenseitigen | |
Schuldzuweisungen, es müsse jetzt um Fragen wie diese gehen: „Was ist da | |
eigentlich passiert und wie kriegen wir das hin, dass das in unserer Stadt | |
nicht noch mal passiert? Wie konnte es dazu kommen?“ | |
Fiona O. hat da ihre eigene Theorie: „Für einen Part bist du wahrscheinlich | |
noch mehr verantwortlich als zum Beispiel ein G20-Einsatzleiter Hartmut | |
Dudde. Wir als Protestler, als Bevölkerung, als die, die ja sowieso nicht | |
alles verstehen, dürfen aber auch ruhig Haltung, Gesicht zeigen und sagen, | |
ja, ich habe auch Verantwortung.“ | |
## Seltsam harmonischer Kontrast | |
Die angekündigte Diskussion kommt an diesem Abend nicht zustande. Das liegt | |
zum einen an Gerlach, der sich in Anekdoten aus seinem Leben und Wirken als | |
Filmemacher verliert. Und zum anderen daran, dass Fiona O. und Grote in | |
Sachen Protest und Repression weitgehend einer Meinung sind. Dass einige | |
Hamburger Medien Fotos und Videos der Polizei zur Suche nach Verdächtigen | |
bereitwillig weiterverbreitet haben, findet O. zum Beispiel gut: „Das | |
sollten sie öfter machen.“ Auch die Polizei solle viel häufiger eigene | |
Videos veröffentlichen. Über die Polizisten, die sie vom Panzer holten, | |
habe sie erfahren, dass die zu dem Zeitpunkt seit 38 Stunden wach gewesen | |
seien. „Ja, was soll ich die dann noch anzeigen?“ Eine Steilvorlage für | |
Grote: „Dass man sich nicht wechselseitig angezeigt hat, finde ich | |
eigentlich einen ganz ordentlichen Umgang damit.“ | |
Grote und O. bilden einen seltsam harmonischen Kontrast zu den Statements | |
der Aktivist*innen im Film, die Haltung gegen das Summit-Policing“, die | |
Einsatztaktik der Polizei, bezogen hatten. Dazu murrt auch das Publikum, | |
ein Zwischenrufer fragt, was Konstantin und Fabio, denen nach dem Gipfel | |
der Prozess gemacht wurde, wohl davon halten würden. Man müsse | |
differenzieren, sagt Grote, „Fabio hält jetzt Kampfesreden in der taz“, | |
ruft O. Nach einer guten halbe Stunde ist das Gespräch vorbei. | |
Erkenntnisgewinn des Abends: null. | |
12 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Hannes Stepputat | |
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