# taz.de -- wie machen sie das?: Die Gassi-geherin | |
Johanna Diehm, 32, lebt im südhessischen Mühltal und hat zwei Hunde, mit | |
denen sie täglich spazieren geht. An Wochenenden kommen oft noch welche aus | |
dem Tierheim dazu, in dem sie sich ehrenamtlich engagiert. | |
taz am wochenende: Frau Diehm, wenn Sie mit mehreren eigenen und fremden | |
Hunden unterwegs sind, müssen Sie viele Interessen zusammenbringen. Wie | |
machen Sie das? | |
Johanna Diehm: Ich mime quasi den Leithund, und die anderen Hunde arbeiten | |
mir zu. Es ist wichtig, nicht angespannt oder aggressiv zu sein. Der Chef | |
einer Gruppe ist nicht das starke und laute Tier, sondern das ruhige und | |
souveräne. Das versuche ich auszustrahlen. | |
Was, wenn ein Hund das infrage stellt? | |
Dann reguliere ich meine Atmung, mache mich groß und blockiere ihm den Weg, | |
wenn er versucht, an mir vorbeizukommen. Ich verschaffe mir quasi so Platz, | |
wie es auch ein souveräner Hund machen würde. | |
Wie sehen Sie Ihre Verantwortung für die Tiere? | |
Ich sehe jeden Hund als Individuum an. Was braucht der von mir? Welche | |
Position nimmt der in der Gruppe ein? Es gibt Führungspersönlichkeiten, die | |
wenig Rückmeldung brauchen. Und es gibt Tiere, die mich ständig fragen, was | |
ich von bestimmten Situationen halte. | |
Wann zum Beispiel? | |
Ich gehe mit einem Hund durch den Wald. Er sieht, dass dort eine Person | |
herumläuft, richtet sich auf und wird steif. Wenn ich das sehe, | |
signalisiere ich, dass alles in Ordnung ist. Dann entspannt er sich und | |
schließt sich mir wieder an. Wenn ich nicht reagiere, würde er anfangen zu | |
bellen und im Zweifel zu der Person hinlaufen, um sie zu stellen – auch um | |
mich zu schützen. | |
Was passiert, wenn Sie anderen Hunden begegnen? | |
Wichtig ist vorausschauendes Verhalten. Ich sehe meistens rechtzeitig, wenn | |
mir jemand entgegenkommt. Ich rufe alle Hunde heran, gebe das Kommando | |
„Seite“, gehe vom Weg runter, und die Hunde folgen mir. Wenn einer das noch | |
nicht kennt, führe ich ihn an der Leine zur Seite und blockiere ihn mit | |
meinem Körper. | |
Welche Tiere sind die schwierigsten? | |
Hunde aus dem Tierheim sind oft unsicher und nervös. Wenn sie etwa aus | |
Rumänien kommen, haben sie in ihrer Zeit als Welpen wenig bis gar keinen | |
Kontakt zu Menschen gehabt. Und wenn doch, dann weil sie eingefangen | |
wurden. Sie haben deshalb eher Vertrauen zu anderen Hunden. Meine eigenen | |
zwei sind da wie ein Türöffner. | |
Inwiefern? | |
Da merken die ängstlichen Hunde: „Die mögen den Menschen, dann kann ich | |
auch mitgehen.“ Mit jedem Tier, das dazukommt, entsteht eine Dynamik, die | |
das noch einfacher macht. | |
Was können Menschen von Hunden lernen? | |
Ruhe, Klarheit, Fairness und direkte Rückmeldungen. | |
Interview Jonas Mayer | |
21 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Jonas Mayer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |