Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Falle der Identität
> Bestellter Konflikt zum Gipfel: Vorabdruck aus dem Buch „Riot“, das heute
> Abend vorgestellt wird
Von Hans-Christian Dany
Der Konflikt wurde zum G20-Gipfel bestellt. Datum und Ort diktierten die
Veranstalter. Durch die Vorgaben fielen für den Widerstand strategische
Möglichkeiten, wie Überraschung und Unberechenbarkeit, von vornherein
flach, wodurch viel von der eigenen Stärke gleich ausgebremst wurde.
Die, die sich auf das Bestellt-werden einließen, prahlten damit, den
„größten Schwarzen Block aller Zeiten“ zu organisieren. Aber tappten sie
mit dieser Angebernummer nicht schon in die nächste Selbstschwächung? Als
sei das alles noch nicht genug, lenkten die Großspurigen hunderte
Zugereister, die sich in der Hamburger Geografie nicht auskennen konnten,
in einen engen Kanal an der Hafenstraße, der die Bewegungsmöglichkeiten
stark einschränkte. Nachdem der Polizei schon die Kontrolle über Zeit und
Raum sowie die Bewegungsfreiheit überlassen wurde, taten die Organisatoren
von „Welcome to Hell“ das, wovon sie ahnen konnten, dass dabei wenig Gutes
zu erwarten war: Sie verhandelten mit der Polizei.
Die Kommunikation wurde von Sprechern geführt, die die Position ihrer
Stärke immer wieder daraus bezogen hatten, nicht zu verhandeln. Einen Ort
wie die Rote Flora hätte es sicherlich nie so lange gegeben, wenn sich den
Verhandlungen nicht immer wieder entzogen worden wäre.
Möglicherweise wurde Gesprächsbereitschaft von der Polizei als Zeichen der
Schwäche ausgenutzt. Wahrscheinlicher aber scheint, dass es schon vorher
den Plan gab, die, die blockiert im Graben stehen, niederzuknüppeln. Der
Angriff funktionierte wie am Schnürchen. Diesmal gelang das Ausbremsen noch
reibungsloser als bei der letzten autonomen Großdemo in Hamburg am 21.
Dezember 2013.
Von dem blitzschnell zerschlagenen schwarzen Block, der sich gedemütigt und
teilweise schwer verletzt über die Mauer flüchten musste, bleibt nach
wenigen Minuten nur ein Lautsprecherwagen, aus dem eine sich überschlagende
Stimme sich in einem fort empörte.
Selbstredend empört auch mich die nackte Gewalt der ausführenden Organe
einer immer weiter ins Totalitäre gleitenden deutschen Postdemokratie, der
in den folgenden Tagen von einer abgründigen Zivilgesellschaft erschreckend
der Rücken gestärkt werden sollte. Aber mache ich mich nicht zum Clown,
wenn ich mich darüber empöre? Sich zu empören, die Polizei sei brutal,
hinterhältig und undemokratisch vorgegangen, was soll das? Selbstredend tut
sie das, wenn ihr Gelegenheit dazu gegeben wird. Warum sollte von ihr etwas
anderes erwartet werden? (…)
Hans-Christian Dany lebt in Hamburg. Letztes Buch: „Schneller als die
Sonne“ (Edition Nautilus 2015)
25 Apr 2018
## AUTOREN
Hans-Christian Dany
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.