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# taz.de -- Kein Ausbrechen möglich
> Einmal Ibsen international, bitte: „Noraland“ auf dem Festival Expat
> Expo, einem Showcase von Wahlberlinern unter den Künstlern im English
> Theatre
Von Mirjam Ratmann
Drei Männer, ein quadratisches Bühnenpodest, zwei Stühle und drei
Barbiepuppen – mehr brauchte es nicht für „Noraland – The Freedom of
Darkness“, einer performativen Auseinandersetzung mit Henrik Ibsens
Theaterstück „Nora oder Ein Puppenheim“ aus dem Jahr 1879. Es ist das erste
längere Stück, das im Rahmen des „Expat Expo Immigrant Invasion: A Showcase
of Wahlberliner“-Festivals am English Theatre in Kreuzberg gezeigt wurde.
Ebenso wie in Ibsens Original geht es auch in „Noraland“ um Entfremdung,
Identitätsverlust und, letztlich, um Trennung.
Im Fokus stehen zwei männliche Darsteller. Sie unterhalten sich auf
Englisch, einer will den anderen verlassen, trotz oder auch wegen der
gemeinsamen Kinder, das ist nicht ganz klar. Aber er vertraut seinem
Gegenüber nicht mehr, nach acht Jahren Ehe sei ihm das klar geworden, dass
es so nicht weitergeht. Während des Gesprächs sind die Darsteller rastlos:
Sie springen, rennen um und über die Bühne, sitzen oder liegen auf und
unter ihr. Manchmal kommen sie sich auch sehr nah, flüstern sich zu,
berühren sich – die mal dagewesene oder noch existierende Intimität ist auf
einmal fast greifbar.
Doch sie kommen zu keinem Ergebnis, das Gespräch wird eine Stunde lang Wort
für Wort wiederholt, dabei wechseln die Darsteller auch die Rollen und die
Textpassagen. Bei jeder Runde ist die Performance anders.
## Kommentar von Barbie
Das Festival, 2013 von Kurator Daniel Brunet ins Leben gerufen, zeigt über
knapp eine Woche, was die englischsprachige (freie)
Künstler*innen-Community in Berlin zu bieten hat. „Expat“ bezieht sich
dabei auf Migranten, die nicht aus politischen oder sozialen Gründen ihr
Heimatland verlassen haben, sondern zur Selbstverwirklichung. „Noraland“
ist als eine internationale Co-Produktion entstanden: Regie führte der
Israeli Shlomo Liebermann, Ulrich Leinz aus Deutschland kümmerte sich um
die Dramaturgie, und Orlando Rodriguez aus Venezuela war für die
Performance verantwortlich.
Auf der Bühne verändern derweil nicht nur die Männer selbst ihre
Darstellungsweise. Die Szenerie wird auch durch Beleuchtung und
musikalische Untermalung abgewandelt. Mal ist die Bühne in lila Licht
getaucht, mal in rotes, es ist abwechselnd heller und dunkler. Als
wiederkehrendes Element taucht der dritte Darsteller, der sonst eher wie
eine Requisite wirkt, auf einem Stuhl sitzend oder an der Seite stehend,
auf dem Podest auf. Er erweckt die Puppen zum Leben. Diese unterhalten sich
auf Deutsch über die Performance – somit stellen sie eine gewisse Metaebene
dar. Doch sie dienen auch als humoristisches Element, wie sie sich über
abgebrochene Fingernägel und Haarstylings unterhalten oder welchen der
beiden Darsteller sie lieber heiraten würden. Gleichzeitig steht die
Hauptszene, die Performance der beiden Männer, niemals still. Während die
Puppen plappern, spielen sie weiter.
Irgendwann haben die Männer so oft die Rollen getauscht und den Text
rezitiert, dass nicht mal mehr klar ist, wo Anfang und Ende sein soll.
Alles dreht sich im Kreis, unaufhörlich, ohne Entkommen. Diese
Ausweglosigkeit und dass man immer wieder das gleiche Gespräch ohne
namhafte Veränderung oder Verbesserung führt, ist quälend: Nicht nur für
die Performer, sondern auch für die*den Zuschauer*in. Es ist unklar, wo das
hinführen soll. Aus den Performances lässt sich höchstens schließen, dass
sie eben in einer Dauerschleife festhängen, aus der kein Ausbrechen
möglich ist. Das ist frustrierend und ernüchternd – ebenso wie das Stück
selbst.
Das „Expat Expo“-Festival läuft noch bis 28. April. Jeden Abend werden ein
bis zwei Stücke präsentiert
25 Apr 2018
## AUTOREN
Mirjam Ratmann
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