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# taz.de -- berliner szenen: Das Ganze hat keinen Zweck
Die Jungs flitzen zum Basketball-Spielplatz. Nach nicht mal zehn Minuten
sind sie wieder da. Die Mienen finster. „Da kam so ein komischer Typ, der
hat uns weggeschubst.“ Wie bitte? Ein Jammer, dass der Papa nicht da ist.
Ich bin für so etwas schlecht zu gebrauchen, pures Kräftemessen ist nicht
mein Metier. Das sage ich natürlich nicht. Auf dem Weg zum Spielplatz
bringe ich mich schon mal in Form.
Kurz darauf verstehe ich, wie schlimm meine Lage ist. Der junge Kerl ist
ein Muskelpaket, mindestens einen Kopf höher als ich. Als er uns kommen
sieht, nimmt er eine Siegerpose ein. Noch bevor er den Mund aufmacht, wird
mir klar, dass das Ganze keinen Zweck hat. An ein Zurück ist nicht zu
denken, hinter mir stehen meine Jungen. „Wieso haben Sie die Kinder vom
Spielplatz verjagt?“ – „Ich? Wem? Zeigen!“ Wenn es eine Steigerung von …
elend gibt, dann wird mir das. Zu den bereits schlummernden inneren
Dilemmata gesellt sich ein weiteres. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich
schäme, weil ich vorhabe, einen Fremdling fertig zu machen, der nicht
einmal ordentlich Deutsch kann. „Die Jungs waren vor Ihnen da, wie konnten
Sie sie einfach verscheuchen?“– „Ich hier spiele, weil wille!“ Elegant
wechselt er das Standbein. Ich drehe das Volumen meiner Stimme auf drei
viertel. „Wie lange noch?“ – „Lange-lange-lange!“ Der Bursche grinst …
so frech an, dass ich in meiner Wut fast ersticke. Auf dem Heimweg erzähle
ich den Kindern Märchen.
Abends frage ich eine befreundete Polizistin. „Hat der Typ Ausdrücke
benutzt, war er betrunken? Fremdenfeindlich? Nein? Dann kannst du nichts
machen. Freche Leute gibt es eben“, antwortet sie. Ein Glück, dass mein
Mann nicht zu Hause war. Von Political Correctness hält er wenig. Nicht
auszumalen, wie er auf das freche Grinsen reagiert hätte. Irina Serdyuk
20 Apr 2018
## AUTOREN
Irina Serdyuk
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