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# taz.de -- Filz im Verband
> Die Sportlandschaft im Saarland erlebt gerade ein Erdbeben.Ab heute soll
> ein Untersuchungsausschuss Klarheit bringen
Bild: Politiker, der auf Schutt schaut: Klaus Meiser, CDU-Politiker und Chef de…
Von Saskia Leidinger
Der Untersuchungsausschuss im saarländischen Landtag ist der vorläufige
Höhepunkt eines Skandals, von dem seit Dezember nahezu täglich neue Aspekte
eines verwirrenden Geflechts von Sport und Politik ans Tageslicht kommen.
Im Zentrum dieses Geflechts steht der Landessportverband Saar und sein
Vorsitzender Klaus Meiser. Meiser ist nicht nur Vorsitzender des
Landessportverbands Saar (LSVS). Er ist ebenfalls stellvertretender
Aufsichtsratsvorsitzender von Saartoto, einer Sportlotterie, die zu knapp
43 Prozent dem LSVS gehört und zu 57 Prozent dem Bundesland Saarland.
Daneben ist Meiser auch CDU-Mitglied, war zweimal Minister für Inneres und
Sport und bis vor Kurzem Präsident des saarländischen Landtags.
Nach der Wahl 2017 handelte Meiser den neuen Koalitionsvertrag mit der SPD
aus und verhandelte somit auch in seiner Funktion als LSVS-Vorsitzender
über die finanziellen Zuschüsse des Landes an den Sportverband. Von seinem
Amt als Landtagspräsident musste er im Februar dieses Jahres zurücktreten,
nachdem bekannt wurde, dass er seiner Lebensgefährtin eine Nebentätigkeit
beim Verband verschafft hatte. Das Amt des Verbandsvorsitzenden hat Meiser
aber immer noch inne. Er hat allerdings angekündigt, auf der nächsten
Mitgliederversammlung, die regulär im September stattfinden würde, nicht
mehr anzutreten. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn
wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsnahme.
Im Dezember 2017 wurde bekannt, dass beim Landessportverband Geld fehlt.
Meiser erklärte im Januar im Landtag, dass ein Zuschuss der
Sportplanungskommission von 550.000 Euro über acht Jahre lang versehentlich
doppelt eingeplant wurde und beschuldigte den bisherigen Geschäftsführer
Paul Hans, dafür verantwortlich gewesen zu sein. Mittlerweile ist klar,
dass das Finanzloch beim LSVS deutlich größer ist. Das strukturelle Defizit
soll sich auf zwei Millionen Euro belaufen. Zusätzlich fehlen Rücklagen in
Höhe von knapp vier Millionen Euro, die den saarländischen Sportvereinen
jedoch bereits versprochen wurden.
Dort ist man verunsichert, denn das Geld sollte in die Erneuerung von
Sportstätten fließen. Jetzt bangen viele Vereine um die Finanzierung ihrer
Projekte. „Wir hängen aktuell in der Luft“, sagt der Geschäftsführer von
Borussia Spiesen, Egon Rammo. Dort soll im Sommer der Kunstrasen erneuert
werden. Das kostet 240.000 Euro. Die Hälfte sollte vom Landessportverband
und dem Sonderfonds „Erneuerung Kunstrasen“ des Innenministeriums kommen.
„Wir haben jetzt mit der Bank über eine Brückenfinanzierung gesprochen,
hoffen aber darauf, dass uns die Politik nicht hängen lässt“, zeigt sich
Rammo optimistisch. Die Landesregierung beteuert, dass zumindest ein Teil
der Zusagen eingehalten wird.
## Politische Landschaftspflege
Bei der Verteilung von Geld schien man im Saarsport generell nicht so genau
hinsehen zu wollen, die Vereine wurden auch gern im Wahlkampf genutzt.
„Wenn irgendwo ein Verein von der öffentlichen Hand bezuschusst wird, ist
immer ein Politiker in der Nähe. Parteien stiften auch gerne für
Sportveranstaltungen wie Jugendturniere, was die Vereine auch gerne sehen,
weil es ihnen hilft“, erklärt Egon Rammo. Der Vorwurf der politischen
Landschaftspflege ist laut geworden. Wieder im Mittelpunkt: Klaus Meiser.
Dieser verteilte nach Informationen des Saarländischen Rundfunks insgesamt
81 Schecks im Wert von knapp 84.000 Euro, die er als Blankoschecks vom
ehemaligen Geschäftsführer Paul Hans bekam. Das Geld dafür stammte aus dem
sogenannten Verstärkungsfonds von Saartoto – ein Sonderfonds von 250.000
Euro, der zur Förderung des Spitzensports gedacht war.
Noch immer ist unklar, wohin das Geld geflossen ist, ob das zweckgebundene
Geld den richtigen Adressaten hatte oder ob es nach Gutdünken verteilt
wurde. Im Wahljahr 2017 wurde noch einmal deutlich mehr Geld verteilt als
noch 2016. Im Vorjahr wurden an 51 Vereine etwa 50.000 Euro verteilt, im
Jahre 2016 waren es nur rund 34.000 Euro, die an 29 Vereine verteilt worden
sind. In drei Fällen waren SPD-Politiker die Überbringer, den Rest
verteilten CDU-Politiker. Neben LSVS-Präsident Klaus Meiser, der den
Großteil der Schecks überbrachte, übergaben auch Innenminister Klaus
Bouillon und der jetzige Ministerpräsident Tobias Hans mehrere Schecks.
Auch hier ermittelt mittlerweile die Staatsanwalt. „Es wäre zur
Zufriedenheit aller weitergelaufen, wenn nicht die Kasse leer wäre“, sagt
Egon Rammo von Borussia Spiesen.
In einem weiteren Fall der Verbindung zwischen LSVS und Politik sollen die
Ermittlungen kurz vor dem Abschluss stehen. Dabei geht es um die Feier zum
70. Geburtstag des Ministers für Inneres und Sport, Klaus Bouillon. Diese
fand in den Räumlichkeiten des Sportverbandes statt und war deutlich teurer
als die Rechnungen, die Bouillon letztlich bezahlt hatte. Das Problem
dabei: Als Innenminister ist Bouillon gleichzeitig auch der Rechtsaufseher
für den Landessportverband.
Um die chaotischen Zustände beim Landessportverband zu beseitigen, wurde
vom Innenministerium ein Sanierer bestellt. Doch dieser sorgte gleich für
weiteres Chaos. Der Insolvenzexperte Franz Abel gehört ausgerechnet der
Kanzlei an, die den LSVS-Vorsitzenden Klaus Meiser vertritt.
17 Apr 2018
## AUTOREN
Saskia Leidinger
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