| # taz.de -- Viel Lärm um nichts beim Netze-Rückkauf | |
| > Durchgestochenen Zahlen zufolge ist das Fernwärmenetz viel weniger wert | |
| > als der vereinbarte Mindestpreis. Doch der Aufregung liegt ein | |
| > Flüchtigkeitsfehler zu Grunde | |
| Bild: Klimaschützers Alptraum: Fernwärme aus Moorburg | |
| Von Gernot Knoedler | |
| Viel Aufregung gab es am Wochenende um die Frage, wie viel das | |
| Fernwärmenetz eigentlich wert ist, das die Stadt von Vattenfall | |
| zurückkaufen möchte. Sollte es deutlich weniger wert sein als der vom Senat | |
| mit Vattenfall vereinbarte Mindestpreis von 950 Millionen Euro, stünde der | |
| Rückkauf zur Disposition und damit der Volksentscheid zum Rückkauf der | |
| Energienetze – ein Szenario, das der heutige Umweltsenator Jens Kerstan | |
| (Grüne) noch als Oppositionspolitiker an die Wand gemalt hatte. | |
| Wie das Hamburger Abendblatt am Wochenende berichtete, kommt ein von | |
| Vattenfall und der Vermögensverwaltungsgesellschaft des Senats HGV in | |
| Auftrag gegebenes Schiedsgutachten zu einem Ertragswert von 550 bis 725 | |
| Millionen Euro. Der Finanz- und der Umweltbehörde liegt das Gutachten noch | |
| nicht vor. Das Abendblatt – und in dessen Gefolge andere Medien – setzten | |
| diese Summen ins Verhältnis zu dem genannten Mindestpreis von 950 | |
| Millionen. | |
| Wäre das richtig, hätte der Senat tatsächlich ein Problem. Denn laut der | |
| Landeshaushaltsordnung ist er zu einem sparsamen Umgang mit Steuergeld | |
| verpflichtet. Er darf keine Mondpreise bezahlen – mit der Folge, dass der | |
| Rückkauf ausfallen und dem Volksentscheid zuwider gehandelt werden müsste. | |
| Der damalige Oppositionspolitiker Kerstan hatte 2014 davor gewarnt, sich | |
| jetzt schon auf einen Preis für 2019 festzulegen: Die Gefahr bestehe, dass | |
| der Senat einen überhöhten Preis bezahlen müsse. „Es gibt hier nur zwei | |
| Möglichkeiten“, sagte er damals. „Entweder ist das ganz schlechtes Handwerk | |
| oder der Senat will den Volksentscheid mit voller Absicht ins Leere laufen | |
| lassen.“ | |
| Entsprechend alarmiert war nach der Berichterstattung vom Wochenende der | |
| [1][Hamburger Energietisch], der sich für die Umsetzung des | |
| Volksentscheides einsetzt. Per Pressemitteilung stellte er vorsorglich | |
| klar, dass es nur die vom Senat geplante Ausgestaltung der | |
| Fernwärmeversorgung sei, die den Preis der Fernwärmegesellschaft drücke. | |
| Dabei gebe es Alternativen. | |
| Die Sorge war müßig: Denn die angeblich von der | |
| Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO ermittelte Preisspanne von 550 bis 725 | |
| Millionen Euro bezieht sich nur auf 74,9 Prozent der Fernwärmegesellschaft. | |
| Die restlichen 25,1 Prozent hat der Senat bereits gekauft. Drei Viertel von | |
| 950 Millionen Euro sind aber 712 Millionen Euro, was innerhalb der von BDO | |
| ermittelten Spanne liegt. In der [2][Bürgerschaftsdrucksache] zur Umsetzung | |
| des Volksentscheids vom Januar 2014 ist sogar ein anders gerechneter und | |
| noch niedrigerer Betrag von 626 Millionen Euro genannt – ebenfalls | |
| innerhalb der Spanne. | |
| Notwendig geworden war das Schiedsgutachten, weil Vattenfall den Wert des | |
| gesamten Fernwärmeunternehmens im Januar auf 1,3 Milliarden Euro taxierte | |
| hatte. Das war dem Senat zu viel. Das Gutachten soll nach Behördenangaben | |
| Mitte April vorliegen. Vattenfall und die HGV haben dann einen Monat lang | |
| Gelegenheit, das Gutachten zu prüfen. Einigen sie sich nicht auf einen | |
| Kaufpreis, wird ein Zweitgutachter eingeschaltet, der den endgültigen Preis | |
| feststellt. „Jetzt sollten wir erst einmal das finale Ergebnis der | |
| Bewertung abwarten“, kommentierte die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Monika | |
| Schaal. | |
| 10 Apr 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.hamburger-energietisch.de/ | |
| [2] https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knoedler | |
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