# taz.de -- Ein Spielen in Ruinen | |
> Gerhard Lamprechts „Irgendwo in Berlin“ im Zeughauskino | |
Von Peter Nau | |
Die Zeit steht still in der Stunde null. Auf die menschenleeren, von | |
Trümmern gesäumten Straßen fällt in Gerhard Lamprechts Film „Irgendwo in | |
Berlin“ dasselbe klare Sonnenlicht wie auf die pulsierende Metropole von | |
1931, als Lamprecht „Emil und die Detektive“ drehte. In den Ruinen klettern | |
Kinder herum. Ist es Wirklichkeit? Oder ist es ein fernes, versunkenes | |
Kinderland, in dem diese Jungen sich herumtreiben? Ihre freudigen Schreie | |
und das Krachen der explodierenden Feuerwerkskörper, die sie auf feindliche | |
Stellungen abfeuern, verhallen in der Todesstille. Sie spielen Krieg. | |
Der gealterte, schwerer und matter gewordene Fritz Rasp stellt sich wieder | |
ein und spielt aufs Neue die Schurkenrolle von damals. Aber seine Dämonie | |
ist von gestern, seine Dieberei bildet dieses Mal nur eine Episode. | |
Mit Dämonen weitaus schlimmerer Art plagt sich der deutsche Landser herum, | |
der als gezeichneter, gebrochener Mann eines Tages zerlumpt aus der | |
Gefangenschaft zurückkehrt. Er ist der Vater von Gustav, einem der Jungen, | |
deren tödliche Spiele den Mutigsten unter ihnen, Gustavs besten Freund, das | |
Leben kosten. Daraufhin hören sie alle mit dem Kriegspielen auf. | |
Sie langweilen sich, und nur so zum Zeitvertreib fangen sie damit an, die | |
Trümmer von dem Garagenhof wegzuräumen, der Gustavs Vater gehört. Sie tun | |
es aber auch für ihn, diesen noch jungen, aber aus Kriegsmüdigkeit | |
apathisch gewordenen Mann und richten ihn aus seiner tiefen Gebeugtheit | |
auf. Er packt schließlich selbst mit an, um sich seine Existenz wieder | |
aufzubauen. | |
Gerhard Lamprecht war durchaus ein Repräsentant von „Papas Kino“. Umso | |
erstaunlicher bleibt, dass sich bei ihm so vieles findet, was in die | |
entgegengesetzte Richtung geht: in die einer Öffnung des Spielfilms für | |
soziale Realität, für das Dokumentarische, für die Menschen der Straße. | |
Irgendwo in Berlin (Defa, 1946): Samstag, 19 Uhr, Zeughauskino – im Rahmen | |
von „Kinder-Spiele, Kinder-Blicke. Neue Perspektiven im deutschen Film | |
(1945-1989)“ | |
24 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Peter Nau | |
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