# taz.de -- Vom Ende der Arbeit | |
> Harald Welzer fordert eine radikale Debatte über die Digialisierung: auch | |
> auf dem taz lab | |
Interview Mareike Barmeyer | |
taz am wochenende: Herr Welzer, wie sehen Sie die Zukunft der Arbeit? | |
Harald Welzer: Sicherlich unter einem extremen Veränderungsschub durch die | |
Digitalisierung: starke Arbeitsplatzverluste, Umwertung von Tätigkeiten und | |
daher mit enormen gesellschaftlichen Folgen verbunden. | |
Sehen Sie eine Chance in der Digitalisierung? | |
Natürlich. Wenn nervtötende und schlechte Arbeit durch Roboter und im | |
weitesten Sinne Algorithmen ersetzt wird, dann bleibt am Ende noch im | |
unteren Leistungssegment die ganze Pflegearbeit übrig, und die wird | |
wahrscheinlich stark aufgewertet werden, weil sie maschinell eben nicht | |
ersetzt werden kann. Insofern ist es möglicherweise positiv. Man kann auch | |
sagen: Wenn man keine monotone Arbeit mehr machen muss, ist das ja | |
gesellschaftlich auch ein positiver Effekt. | |
Vielleicht verändern sich dadurch ja auch die Gesellschaftsmodelle. | |
Das kann sich, wie immer im Leben, positiv wie auch negativ auswirken. Wenn | |
man rechtzeitig genug die Weichen stellt, unter anderem für eine radikale | |
Arbeitszeitverkürzung, für ein bedingungsloses Grundeinkommen, dann können | |
wir möglicherweise positive Entwicklungen gestalten. Es kann aber auch | |
genau umgekehrt sein, nämlich dass dann zunehmend menschliche Arbeit | |
verzichtbar wird. Der Kapitalismus ist ja immer gezähmt worden durch | |
soziale Bewegungen, die dann zu entsprechenden Regulierungen geführt haben, | |
wie Mitbestimmung, betriebliche Altersversorgung und Gesundheitsversorgung. | |
Unsere ganzen Sozialsysteme sind das Ergebnis von sozialen Kämpfen. Von der | |
Kapitalseite musste das immer akzeptiert werden, damit der Laden | |
weiterläuft. Aber wenn ich keine menschliche Arbeit mehr brauche, warum | |
soll man dann in diese intermediären Bereiche investieren? Insofern könnte | |
in der dystopischen Version unsere Vorstellung von Staatlichkeit und | |
besonders von Sozialstaat ad absurdum gegührt werden. | |
Was können wir tun, damitsich dies zum Positiven wendet? | |
Endlich mal eine harte und radikale gesellschaftliche Debatte über die | |
Digitalisierung führen und nicht die ganze Zeit auf dem Smartphone | |
rumhacken und sich anhören, was die Groko beschließt. Deren | |
Problemhorizont geht bis zum Breitbandausbau und keinen Millimeter | |
weiter. Das macht einen wahnsinnig. | |
Gig Economy – die große Freiheit oder Selbstbestimmung? | |
Die armen Fahrradsklaven? | |
Genau. | |
Es sind ungesicherte Arbeitsverhältnisse, die das wirtschaftliche Risiko | |
auf die Beschäftigten verlagern. Insofern ist das einfach ein neues Modell. | |
Wie das jemand empfindet, ist rein subjektiv. Wenn man sich noch an früher | |
erinnert – der Fahrradbote war ja in gewisser Weise der Großstadtcowboy, | |
der freie Held, der da zwischen den Autos durchgestochen ist. Ich weiß gar | |
nicht; was aus denen geworden ist. Das ist auch ein Berufsbild, das sich | |
völlig eingemeindet hat. | |
Hat sich für Sie die Arbeitsweise verändert in den letzten 20 Jahren? | |
Überhaupt nicht. Zumindest nicht seit der Einführung des PCs. Ich besitze | |
ja nicht mal ein Smartphone. | |
10 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Mareike Barmeyer | |
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