# taz.de -- Plastikflut an der Schlei | |
> Die Ufer der Schlei werden seit Monaten mit Plastik überschwemmt. Die | |
> Stadtwerke, die für die Kläranlage zuständig sind, und ein Müllverwerter | |
> beschuldigen sich gegenseitig | |
Bild: Das ist nicht mehr natürlich: Das Treibsel, also das am Schleiufer anges… | |
Von Liyang Zhao undPhilipp Schulte | |
Große Mengen an Kunststoffteilchen schwimmen in der Schlei bei Schleswig. | |
Auch das Ufer ist übersäht von kleinen Plastikpartikeln. Diese sind in den | |
vergangenen Monaten aus der Kläranlage Schleswig in den Meeresarm gelangt. | |
Vermutlich stammen sie aus geschredderten Speiseresten, die im Faulschlamm | |
waren – also der Masse, die Klärwerke von ihren Zulieferern bekommen, um | |
daraus Biogas zu gewinnen. | |
Die Schleswiger Stadtwerke bekamen den Schlamm von ihrem Zulieferer Refood | |
aus Nordfriesland. Das Ausmaß der Verschmutzung ist noch nicht bekannt – | |
die Menge der Plastikteile solle bis Mitte April ermittelt werden, sagte | |
Landrat Wolfgang Buschmann (parteilos). | |
Die Ufersäume der Schlei seien bis ins rund 30 Kilometer entfernte Arnis | |
betroffen, sagte Thorsten Roos, Fachbereichsleiter am Umweltamt im Kreis | |
Schleswig-Flensburg. Roos befürchtet eine starke Schädigung des Ökosystems | |
durch die Verschmutzung. Vögel und Fische, die das Plastik fressen, | |
,,hungern bei vollem Magen“. Das Material bewirke ein Sättigungsgefühl, | |
enthalte aber keine Energie. Das habe verheerende Auswirkungen auf die | |
Gesundheit und die Fruchtbarkeit der Tiere. Auch die hauptamtlichen Fischer | |
in dem Gebiet würden die Veränderungen bald zu spüren bekommen, so Roos. | |
Seit Dienstag reinigen rund 50 städtische MitarbeiterInnen und HelferInnen | |
die Uferstreifen der Schlei mit Harken, Schaufeln und Schubkarren. Die | |
zerschredderten Plastikteile haften an abgestorbenem Schilf, Reet und | |
Binsen. Ab Montag sollen auch Taucher zum Einsatz kommen. | |
Aber auch die Reinigung der sensiblen Ufersäume ist problematisch: Um das | |
Ufer vom Plastik zu befreien, tragen die HelferInnen die organische | |
Streuauflage ab – also die natürliche Schicht aus abgestorbener organischer | |
Substanz, die auf dem Boden liegt. „Das gefährdet bodenbrütende Vögel sowie | |
Insekten“, sagt Roos. Ein Problem stelle zudem die am 30. März beginnende | |
Brutzeit der Vögel dar. Zur Identifizierung und zum Schutz der Brutgebiete | |
sollen ab April Vogelkundler eingesetzt werden. | |
Die Reinigungsarbeiten werden vermutlich Monate, wenn nicht sogar Jahre | |
dauern, sagt Roos. Die Kosten dafür tragen im Moment noch die Stadtwerke – | |
langfristig ist die Finanzierung aber ungewiss. Diese „können siebenstellig | |
werden“, sagt Schleswigs Bürgermeister Arthur Christiansen (parteilos). | |
Wer die Schuld für die Verschmutzung trägt, ist noch nicht abschließend | |
geklärt. Die Staatsanwaltschaft Flensburg und das Landeskriminalamt | |
ermitteln gegen die Schleswiger Stadtwerke. Wolfgang Schoofs, der | |
Geschäftsführer der Stadtwerke, gibt dem Zulieferer Refood die Schuld: „Der | |
Zulieferer ist vertraglich für die Filterung des Materials zuständig“, | |
sagte er. Bürgermeister Christiansen sagte, ein Rechtsstreit mit dem | |
Anlieferer, in dem es auch um die Kosten gehen werde, sei zu erwarten. | |
Refood-Sprecher Marcel Derichs hingegen wies jegliche Verantwortung zurück. | |
„Wir erklären in dem Vertrag mit den Stadtwerken, dass Kunststoffreste in | |
der von uns an sie abgegebenen Biomasse enthalten sein können“, sagte er. | |
Auch gebe das Unternehmen technische Hinweise, wie die Partikel | |
herausgefiltert werden könnten. Die Stadtwerke seien verantwortlich für die | |
Reinigung der Biomasse, bevor sie wieder an die Umwelt abgegeben werde. | |
Für Derichs sei fraglich, wie die plastikhaltige Biomasse in die Kläranlage | |
gekommen sei – und auch, wie sie mit dem Abwasser hinausgelangen konnte. | |
Denn, einmal drinnen, „hat das Plastik auch noch die Stufen der Reinigung | |
überstanden“, so der Unternehmens-Sprecher. | |
Seit Februar haben die Stadtwerke die Annahme der Biomasse von Refood | |
eingestellt. Die Belastung der Kläranlage mit Kunststoffpartikeln nehme | |
seitdem sukzessive ab, so Stadtwerke-Geschäftsführer Schoofs. Durch einen | |
Siebfilter würden noch vorhandene Plastikpartikel aus dem Ablauf der | |
Kläranlage entfernt. Nur Mikro-Plastik, dessen Partikel kleiner als zwei | |
Millimeter sind, könne noch den Filter passieren. | |
15 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Liyang Zhao | |
Philipp Schulte | |
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