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# taz.de -- Das Gesicht als leeres Blatt
> Mit der toten Schwester auf dem Leiterwägelchen durchs Wohnviertel:
> Roland Klicks Spielfilm „Bübchen“ von 1968 ist heute im Zeughauskino zu
> sehen
Von Peter Nau
Roland Klick erzählt – in klaren amerikanischen Breitwand-Einstellungen, in
Farbe – eine Familiengeschichte: die Geschichte von Bübchen, der seiner
kleinen Schwester eine Plastiktüte über den Kopf stülpt, so lange, bis das
Mädchen erstickt ist, da er nicht mehr auf es aufpassen und lieber mit
seinen Freunden Fußball spielen möchte.
Angesichts dieses kriminalistischen Stoffs wäre es unangemessen, der Story,
zu deren Hauptfigur nach und nach der Vater von Bübchen avanciert, durch
Nacherzählung ihr Geheimnis zu nehmen. Wir beschränken uns deshalb auf
ihren Anfang: Nach der Tat packt Bübchen den in einen alten Teppich
gewickelten Leichnam des Kleinkindes auf ein Leiterwägelchen, das er
bedächtig durch das Wohnviertel zu einem nahegelegenen Schrottplatz zieht,
wo er die Fracht im Kofferraum eines Autowracks deponiert.
Wir betrachten ihn, wie er das Wägelchen zieht: ein deutlicher Blick auf
die Straße hinunter, ein Abmessen der vor ihm liegenden Strecke. Dabei
wirkt die Haltung des Körpers auf das Antlitz zurück, verleiht ihm ganz
seinen Ausdruck. Dieser Darsteller des Jungen hat sein Gesicht als jenes
leere Blatt verwendet, das durch den Gestus des Körpers beschrieben wird.
So bekommt dieser Vorgang sein eigentlich Erstaunliches. (Eine solche
Demonstration eines Tathergangs findet nicht immer nur zu künstlerischen
Zwecken statt; denken wir an die Praxis der Polizei, die die
Hauptteilnehmer eines Kriminalfalls veranlasst, bestimmte, ausschlaggebende
Situationen vor der Polizei zu repetieren.) Im Falle dieses Films war es
Roland Klick, der seinem jugendlichen Hauptdarsteller alles vorspielte, was
der im Einzelnen zu tun hatte, und ihn über den großen
Handlungszusammenhang im Unklaren ließ.
Roland Klick: „Bübchen“. Heute, 20 Uhr, Zeughauskino
15 Mar 2018
## AUTOREN
Peter Nau
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