# taz.de -- StadtgesprächMartina Schwikowski aus Johannesburg: Lieber ein Reic… | |
Klar, alle sind glücklich, dass wir einen neuen Präsidenten haben!“ Der | |
Taxifahrer grinst: Ist doch logisch, kann ja nach Zuma nicht mehr | |
schlechter werden. „Aber als Erstes geht es uns wieder an den Kragen – die | |
Steuererhöhung, da müssen wir bluten“, entrüstet sich Fikile Makhoba. Kaum | |
ist in Südafrika Cyril Ramaphosa dran, steigen die Steuern um ein Prozent | |
und das Benzin wird teurer. „Wir sollen für die Korruption der | |
Zuma-Regierung zahlen, das ist nicht fair.“ Doch was ist schon fair, zuckt | |
er mit den Schultern. Südafrika leidet unter einer der größten sozialen | |
Ungleichheiten weltweit. Da bleibt nur die Hoffnung auf eine bessere | |
Zukunft. Diese elende Arbeitslosigkeit, sagt Makhoba. Er selbst gehörte | |
als Jugendlicher einer Gang an, hat jedoch noch mal die „Kurve“ gekriegt. | |
Im Taxi, in der Kneipe, in den Büros, beim Grillen – Südafrikaner | |
politisieren gern. Aber jetzt mit neuer Leidenschaft. In den vergangenen | |
Jahren gab es bei der Erwähnung von „Number One“, wie Zuma genannt wurde, | |
einen finsteren Blick und ein abfälliges „korrupter Tsotsi“ (Gangster) zu | |
hören. Mit Zumas Abtritt zugunsten Ramaphosas sind die dunklen Wolken des | |
Stillstands und der Depression verschwunden. Doch der von Ramaphosa | |
versprochene „neue Morgen“, der wird noch auf sich warten lassen. Dennoch | |
sei Ramaphosa der richtige Mann zur rechten Zeit, heißt es. Darin sind sich | |
Schwarze und Weiße einig. | |
Der ehemalige Gewerkschaftsboss Ramaphosa ist ein Multimillionär, der mit | |
Unternehmen im Bergbau, Energie- und Finanzsektor und als ehemaliger | |
Besitzer von McDonald’s in Südafrika reich geworden ist. Das ist gut und | |
schlecht, je nach Auslegung. Ramaphosa braucht nicht das Geld zu stehlen | |
wie Zuma, denn er hat ja genug, sagen viele. Seine Politik ist zu | |
unternehmerfreundlich, sagen auch viele. | |
„Endlich mal wieder ein Staatsmann, der Südafrika führt und im Ausland | |
Investoren gewinnt“, sagt Andrew Gale, Elektroingenieur in einem weißen | |
Wohnviertel. Doch Skepsis bleibe angebracht. Ramaphosa wurde im regierenden | |
ANC (Afrikanischer Nationalkongress) nur mit knapper Mehrheit gewählt. | |
„Sicherlich musste er viele Kompromisse machen, dem Zuma-Flügel in der | |
gespaltenen Partei Zuckerstückchen geben. Ob er wirklich die Macht besitzt, | |
alle politischen Versprechen durchzuziehen, bleibt abzuwarten“, sagt Gale. | |
Ein „Zuckerstückchen“ ist David Mabuza, der Ramaphosas bisherigen Posten | |
als Vizepräsident übernimmt. Mabuza gilt als korrupter Mann, der die arme | |
Provinz Mpumalanga mit eiserner Hand regiert hat. „Die Menschen haben Angst | |
vor ihm, denn er lässt politische Gegner aus dem Weg räumen“, weiß Sam | |
Gaffani.„Wie kann er den zum Vize machen?“, fragt sich seine Kollegin Wendy | |
Ragedi. Die beiden arbeiten im Regierungsbüro für Bildung in der | |
Johannesburger Innenstadt. Mabuza, ein Günstling Zumas, hatte in seiner | |
Provinz vor Ramaphosas Wahl für Einigkeit in der Partei geworben. | |
„Vielleicht sind so mehr Stimmen für Ramaphosa herausgekommen und nun ist | |
er Mabuza was schuldig“, meint Sam. | |
Wie Ramaphosa seine Regierung bildet, macht in mancher Hinsicht für viele | |
Südafrikaner keinen Sinn. Ein korrupter Zuma feuerte vor sechs Jahren den | |
korrupten Polizeichef Cele. Jetzt soll Cele als neuer Polizeichef das Land | |
sicherer machen. Vertrauen in die neue Regierung muss da erst noch wachsen. | |
„Solange Ramaphosa bei Schwarzen und Weißen Anerkennung hat, haben wir | |
Hoffnung“, sagt Sam. Es gehe nur gemeinsam voran. Fest steht: Südafrikas | |
neue Regierung muss sich anstrengen. Und das mit einem Haushaltsentwurf, | |
der als „gegen Arme“ verstanden wird. Der mächtige Gewerkschaftsbund Cosatu | |
lehnt die Mehrwertsteuererhöhung ab. Finanzminister Nhlanhla Nene – er war | |
unter Zuma geschasst worden – bringe keine neuen Ideen, lediglich Politik | |
für Unternehmer, die Arbeitslosigkeit werde steigen, fürchtet Cosatu. Der | |
Gewerkschaftsverband hatte vergeblich für eine Vermögenssteuer gekämpft. | |
Mit gutem Grund: In Südafrika sind bereits mehrere der neuesten | |
Ferrari-Modelle für rund 310.000 Euro pro Stück bestellt worden. Das ist | |
etwa das hundertfache durchschnittliche Jahreseinkommen. | |
3 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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