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1 Freiheit braucht Fingerspitzengefühl | |
In Österreich ist man zur Freiheit des Gesichts verpflichtet, man muss es | |
der Welt zeigen, vom Kinn bis zur Stirn. Verhüllungsverbot wird das | |
genannt, eigentlich ist es ein Burkaverbot. Aber gerade ist es in | |
Österreich schweinekalt, so kalt, dass das Gesicht friert, ganz besonders | |
an Stirn und Kinn. Deswegen erlaubt das Gesetz Ausnahmen. Nur: Ab welcher | |
Temperatur darf man sich verhüllen? Ein Sprecher des Innenministeriums | |
sagte, da sei das Fingerspitzengefühl der Polizisten gefragt. Aber wenn die | |
Finger frieren, wo kommt dann das Gefühl her? | |
2 Freiheit beginnt in der Provinz | |
Hódmezővásárhely, gesprochen Hotmeschowaschehei, ist eine Kleinstadt in | |
Südungarn. Dort wählten die Bürger einen Kandidaten der Opposition zum | |
Bürgermeister, obwohl die Stadt als Hochburg von Viktor Orbáns | |
Fidesz-Partei galt. Hódmezővásárhely heißt auch: Orbán ist schlagbar. | |
3 Südkorea kriegt mehr Freizeit | |
Während sich Deutschland vom Karneval erholt und auf den Frühling wartet, | |
wird in Südkorea gearbeitet, unglaublich viel. Nun soll die maximal | |
erlaubte Wochenarbeitszeit von 68 auf schlappe 52 Stunden sinken. Damit | |
löst der linksliberale Präsident Moon ein Wahlversprechen ein: Er war | |
angetreten, die Work-Life-Balance seiner Bevölkerung zu verbessern. Ein | |
Präsident zum Wohlfühlen. | |
4 „Ulysses“ bleibt alt | |
Die koreanische Arbeitsmoral hat sicher dazu beigetragen, dass die | |
koreanische Übersetzung des James-Joyce-Klassikers „Ulysses“ nicht weniger | |
als 4.000 Kommentare enthält. Auch in Deutschland wird gearbeitet und | |
übersetzt, aber bei 40 Stunden in der Woche dauert alles etwas länger. Eine | |
Überarbeitung der einschlägigen Übersetzung von „Ulysses“? Zehn Jahre | |
Arbeit. Doch umsonst. Suhrkamp darf das Werk nicht veröffentlichen. Der | |
Grund: Der Verlag hatte vergessen, bei den Erben des letzten Übersetzers | |
ins Deutsche die Rechte für die Überarbeitung einzuholen. | |
5 Oldenburg ist nicht mehr so wichtig | |
Seit 1956 lädt die Stadt Oldenburg in die niedersächsische Landesvertretung | |
einst in Bonn und heute in Berlin zum „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ | |
und wählt ihren Kohlkönig. Diesmal: David McAllister. McAllister! In den | |
Achtzigern hatte man den amtierenden Bundeskanzler (Kohl), den | |
Außenminister (Genscher), den Arbeitsminister (Blüm). Und jetzt ein | |
Ex(!)-Ministerpräsident des eigenen (!) Bundeslandes! Oldenburg wird seiner | |
politischen Bedeutung nicht mehr gerecht. Philipp Daum | |
3 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Philipp Daum | |
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