# taz.de -- das portrait: Péter Márki-Zay lehrt Ungarn, wie man gegen Viktor … | |
Er ist über Nacht zum lebenden Beweis geworden, dass Ungarns Premier Viktor | |
Orbán und seine Regierungspartei Fidesz nicht unschlagbar sind. Péter | |
Márki-Zay gewann am Sonntag die Bürgermeisterwahl im tiefsten Fidesz-Land | |
mit stolzem Vorsprung. Vor ein paar Wochen kannten ihn nur seine Freunde | |
und die Gläubigen der Gemeinde, deren Kirchenrat er als Laie vorsteht. | |
Jetzt ärgert er Orbán, der gedacht hatte, im April ungefährdet | |
wiedergewählt zu werden und dann weiter gegen Kanzlerin Angela Merkel in | |
den Kampf zu ziehen. Jetzt erlebt auch Orbán sein blaues Wunder. | |
Viel wissen die Ungarn noch nicht über ihren neuen Hoffnungsträger. Der | |
künftige Bürgermeister von Hódmezővásárhely stammt aus einer konservativen | |
Familie, die Vorfahren wurden von den Kommunisten enteignet und als | |
Klassenfeinde gebrandmarkt. Sein Bruder ist Arzt und arbeitet in | |
Deutschland. Auch Márki-Zay verließ Ungarn. Mit seiner Jugendliebe und fünf | |
Kindern emigrierte er 2004 nach Nordamerika. Mit sieben Kindern kam die | |
Familie fünf Jahre später zurück. | |
Zurück in Ungarn, fiel Márki-Zay auf, dass mehr Luxuskarossen auf den | |
Straßen herumflitzten als in den reicheren Teilen der USA. Für ihn war und | |
ist das ein Zeichen für die Korruption der Machthabenden. Der Ökonom nahm | |
sich vor, den Amerikanern nachzueifern, indem er sich bei der Lösung von | |
Problemen nicht auf den Staat verließ und mit seiner Frau ehrenamtlichen | |
Dienst leistete. Die Hebamme half in der Bibliothek aus, Márki-Zay in | |
Schulen. Nach einer Weile war er kein Unbekannter mehr für die örtlichen | |
Mitglieder der Oppositionsparteien. Immer wieder versuchte die | |
rechtsextreme Jobbik, ihn anzuwerben. Schließlich bot sie ihm an, | |
parteiloser Kandidat aller Oppositionskräfte zu werden. Nein sagen ging da | |
nicht mehr. | |
Der 45-Jährige hatte keine Chance, also nutzte er diese. Er vermittelte den | |
Glauben, dass man gegen Fidesz gewinnen könne. Das hatte seit Langem | |
niemand mehr in Ungarn gewagt. Er versprach, traditionelle Werte zu | |
verteidigen, und wiederholte strengste Forderungen in der Flüchtlingskrise. | |
Auch sein Lebenslauf passte zum rechtskonservativen Bild. | |
Er musste gegen eine Medienübermacht ankämpfen. In der kleinen Stadt hatte | |
er keine Chance, seine Sicht der Dinge darzulegen. Nur Facebook stand ihm | |
zur Verfügung. Die Gegenseite drohte den Wählern mit Bestrafung, sollten | |
sie Márki-Zay unterstützen. In den letzten Tagen vor der Stimmabgabe | |
verteilten Unbekannte einen Flyer, auf dem die Unterstützer von Márki-Zay | |
diffamiert wurden – darunter auch die jüdische Gemeinde der Stadt. | |
Márki-Zay hielt den Angriffen stand und bescherte der ungarischen | |
Opposition ein vergessenes Gefühl: siegen zu können. Selbst Orbán | |
nahestehende Kommentatoren geben zu, dass dies die empfindlichste | |
Niederlage von Fidesz seit 12 Jahren ist. Es könnte spannend werden im | |
April. Nur wie kann eine Handvoll Parteien nachmachen, was ein parteiloser | |
Ex-Fidesz-Wähler vorgemacht hat? Gergely Márton | |
27 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Gergely Márton | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |