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# taz.de -- geht’s noch?: Nächster Halt: nirgendwo
> Während die StadtbewohnerInnen von kostenlosen Bussen und Straßenbahnen
> träumen, wären viele Menschen auf dem Land schon froh, überhaupt einen
> Nahverkehr zu haben
Hamburg könnte jedes Jahr eine Elbphilharmonie bauen, und in München
platzen die Straßenbahnen aus allen Nähten. Die deutschen Großstädte haben
gerade einen Wettbewerb ausgerufen: Wer kann am dramatischsten Nein zum
kostenlosen Nahverkehr sagen?
Die Bedrohungsszenarien sind so apokalyptisch, dass Roland Emmerich schon
Stoff für einen neuen Blockbuster wittert. Dabei wären die meisten Regionen
in Deutschland froh, sie hätten überhaupt einen Nahverkehr.
Während Bayerns Exministerpräsident Edmund Stoiber einst davon träumte, in
zehn Minuten vom Hauptbahnhof München zum Flughafen zu kommen (und dann da
auch schon für den Flug eingecheckt zu sein), träumen Berufspendler auf dem
Land, die mit Bus und Bahn unterwegs sind, davon, nicht dreimal so lange
zur Arbeit zu brauchen wie ihre Kolleginnen und Kollegen mit dem Auto.
Statt auf den nächsten Bus warten RentnerInnen auf Mitfahrerbänken und
hoffen darauf, dass sie vielleicht von einem vorbeifahrenden Autofahrer
oder einer Autofahrerin in den Nachbarort mitgenommen werden. Im
oberpfälzischen Landkreis Tirschenreuth wird das „Baxi“, eine Kombination
aus Bus und Taxi, schon als heißester Konkurrent zu Uber gehandelt. Nur
Schülerinnen und Schüler werden in ländlichen Regionen weiterhin halbwegs
zuverlässig mit dem Bus befördert.
Und die Bundesregierung? Die denkt jetzt laut darüber nach, den Nahverkehr
kostenlos anzubieten. Also nicht die Mitfahrerbänke und Baxis, sondern die
Straßenbahnen in den großen Städten. Damit soll beispielsweise die Berliner
oder die Stuttgarter oder Hamburger Luft klarer werden. Die Ursache der die
Stickoxide anzugehen und die Autobauer in die Pflicht zu nehmen, da traut
man sich nicht heran. Arbeitsplätze und so.
Aber zurück zum Nahverkehr. Ein Monatsticket in der Berliner Innenstadt
kostet 80 Euro. Selbst ein günstiges Auto kostet im Unterhalt laut
Berechnungen der Stiftung Warentest mindestens 200 Euro pro Monat.
Mobilität in Städten ist bereits günstig, nur die Luft ist etwas stickig.
Der Deal mit dem Land müsste also heißen: Tausche saubere Luft gegen
funktionierenden Nahverkehr. Die Milliarden, die nötig wären, um die
Großstädter kostenlos von Mitte nach Friedrichshain zu befördern, sollten
besser in den Ausbau der ländlichen Infrastruktur gesteckt werden. Damit
aus Mitfahrerbänken wieder echte Bushaltestellen werden. Saskia Leidinger
17 Feb 2018
## AUTOREN
Saskia Leidinger
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