# taz.de -- Sie gröhlen wieder | |
> Der Stimmungsboykott bei Hannover 96 ist beendet, zumindest vorerst. | |
> Während des Heimspiels gegen den SC Freiburg trugen die Fans ihre | |
> Mannschaft lautstark zum 2:1-Sieg | |
Bild: Banner und Fangesänge: Auch wenn die Hannover-Ultras in der Nordkurve wi… | |
Von Dennis Ebbecke | |
In der vorletzten Minute wird es in Hannover nochmal richtig laut. Als dem | |
SC Freiburg in der 88. Minute der 1:2-Anschlusstreffer gelingt, dröhnt von | |
den Rängen der HDI-Arena ein lautstarkes „HSV, HSV, HSV“. Und am Ende | |
rettet Hannover 96 drei Punkte ins Ziel – zum ersten Mal seit Monaten | |
wieder mit Unterstützung des gesamten Stadions | |
Monatelang hatten die Ultras geschwiegen. Damit brachte die „Aktive | |
Fanszene“ ihren Protest gegen Vereinspräsident Martin Kind zum Ausdruck, | |
der hartnäckig für die Abschaffung der sogenannten 50+1-Regel warb. Diese | |
zielt darauf ab, dass die Mehrheit an der Profiabteilung von den | |
Mitgliedern kontrolliert werden muss. Kind hingegen verfolgt das Ziel, den | |
Profifußball vom Verein zu lösen, um Tür und Tor für Investoren zu öffnen. | |
Den traditionsbewussten Fans der Roten ist dieses Vorhaben ein Dorn im | |
Auge, das sie seit geraumer Zeit mit ihren „Kind muss weg“-Sprechchören und | |
-Plakaten zu verhindern versuchen. | |
Doch da die Deutsche Fußball Liga (DFL) dem mächtigen 96-Boss die Übernahme | |
Anfang Februar verweigert und der 73-Jährige seinen Antrag auf eine | |
Ausnahmeregelung vorerst auf Eis gelegt hatte, kündigten die Anhänger – | |
vorerst für die kommenden drei Spiele – ein Ende ihres Schweigens an. Am | |
vergangenen Dienstag hatten rund 500 Ultras so entschieden | |
Und sie hielten ihr Wort: Im Heimspiel gegen die Freiburger kehrte wieder | |
ein Stück Normalität ins Stadion. Vorbei die Zeit in denen die Anhänger der | |
Gastmannschaften den Geräuschpegel diktierten. Bereits vor dem Anpfiff | |
reckten die Anhänger ihre Schals in die Höhe und sangen mit Inbrunst ihre | |
Hymne „96, alte Liebe“. Von der ersten Minute an peitschten sie ihre | |
Mannschaft nach vorne. „96, Hannover 96, du bist unsere Liebe, in den | |
Farben Schwarz, Weiß, Grün“, schallte es durchs Stadion. | |
Der 28-jährige Marco aus Minden freut das: „Endlich wieder Stimmung. Es ist | |
wichtig, dass das ganze Stadion mitmacht und dass alle die Mannschaft | |
unterstützen. Vielleicht sieht Herr Kind jetzt mal, dass er den Laden ohne | |
die Fans dichtmachen kann.“ Der Unterschied zu den vorherigen Partien war | |
nicht zu überhören: Immer dann, wenn es für 96 brenzlig wurde, waren die | |
Fans zur Stelle, brüllten und trommelten ihre Roten nach vorne. Trainer | |
André Breitenreiter sagte nach dem Spiel: „Wir sind alle sehr glücklich, | |
dass wir das gesamte Stadion hinter uns hatten und dass Anfeuerungsrufe zu | |
vernehmen waren – vor allem in den Phasen, in denen wir sie benötigten. Das | |
war insbesondere nach dem Anschlusstreffer der Fall.“ | |
Also endlich wieder Gänsehaut-Stimmung in der HDI-Arena? Nein, soweit | |
sollte man (noch) nicht gehen. Auch wenn die Ultras mit ihren Gesängen | |
unüberhörbar an der Lautstärke schraubten, ist es nicht so, dass ohne sie | |
gar nichts ginge. An dieser Stelle sei an die Heimsiege aus der | |
Anfangsphase der Saison erinnert, als Hannover 96 Spitzenvereine wie | |
Schalke 04 (1:0) und Borussia Dortmund (4:2) niederringen konnten. Den | |
Zuschauern war es damals auch ohne Ultragesänge von der Nordkurve gelungen, | |
die Mannschaft auf ihre eigene Art und Weise zu unterstützen. | |
Dementsprechend rollte nicht jeder Zuschauer den Ultras gleich den Roten | |
Teppich aus. Igor, der seit Jahren im Stadion zu Hause ist, sagte vor dem | |
Spiel gegen Freiburg: „Jetzt brauchen die Ultras auch nicht mehr singen. | |
Wir haben die Saison auch ohne ihre eintönigen Anfeuerungsrufe gut | |
hinbekommen. Und überhaupt: Ohne Martin Kind würden wir heute gegen Arminia | |
spielen“, so der langjährige 96-Fan. | |
Die Anhängerschaft von Hannover ist gespalten, die Stimmung trotz den | |
Heimsiegs gegen Freiburg weiter gereizt. Nach dem Abpfiff folgten auf | |
euphorische Gesänge wütende Pfiffe. Einige Fans fühlten sich von den | |
Spielern nicht ausreichend gewürdigt. Denn die blieben während ihrer | |
Stadionrunde auf Distanz zur Kurve der Ultras. Kapitän Philipp Tschauner | |
sagt dazu nur: „Wir haben das in den letzten Spielen auch so gemacht. | |
Deshalb haben wir gesagt, machen wir das so weiter.“ | |
Ende des Monats ist eine offene Diskussion zwischen Vertretern von Fans und | |
Clubführung geplant. Ein Pastor soll die Veranstaltung moderieren. Welche | |
Seite den Segen erhält, bleibt abzuwarten. | |
12 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Dennis Ebbecke | |
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