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# taz.de -- die dritte meinung: Sind die BürgerInnen konstruktiv-radikaler als…
Über den Groko-Verhandlungen liegt ein eigenartiger Mehltau. Die
Bevölkerung hat eigentlich nur die Themen Flüchtlingspolitik und
Bürgerversicherung wahrgenommen. Alle anderen Politikfelder laufen unter
„nicht relevant“. Die Stimmung im Wahlvolk ist ungefähr: Es ist ja eine
Zumutung etwas zu erwarten, und wir hätten ja doch ein paar spannendere und
vor allem mutigere Projekte. Könnte es sein, dass die Bürger*innen
konstruktiv-radikaler sind als die verzagten und taktierenden Koalitionäre
in spe?
Die Bevölkerung ist kecker als man denkt. So wollen laut infratest dimap 57
Prozent der Bundesbürger, dass die Amtszeiten der Bundeskanzler auf zwei
bis drei Wahlperioden beschränkt werden sollte – eine verpackte
Rücktrittsaufforderung zum freiwilligen Rückzug von Angela Merkel. Und der
Frust des Merkel-Stillstands sitzt tief. Die Bürger*innen würden das
Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wohl sofort verbieten (86 Prozent) und
82 Prozent würden den Mindestlohn ab 2019 auf 12 Euro anheben. Und die
alltäglich brennenden Probleme junger Familien mit Kindern führen zu der
selbst Manuela Schwesig (SPD) überflügelnden Forderung, jungen Müttern und
Vätern eine 30-Stunden-Woche ohne Lohnverlust einzuräumen. Und zur
Verkehrswende gestatten sich die Bürger*innen, radikal zu denken: 71
Prozent fordern angesichts von Staus, Lärm, Abgasskandalen, den
öffentlichen Personennahverkehr zum Nulltarif anzubieten.
Natürlich gibt es auch Befunde, die hochgeschriebene Solidarität nicht
belegen. 100 Euro mehr Hartz IV wollen die Bürger*innen mit 47 Prozent
nicht zugestehen. Da sitzen Vorurteile und eigene Beobachtungen tief – und
der eigene schmale Geldbeutel.
Liebe Koalitionäre, die Logik ist ja nachvollziehbar, keine neuen Fässer in
Milliardenbereichen aufzumachen. Aber die Kritik muss erlaubt sein,
spannende und bürgernahe Projekte noch nicht einmal verhandelt zu haben.
Über Autoprämien rauchen die Köpfe, aber über Elektrofahrradprämien oder
eine Halbierung der Bahntarife wird noch nicht einmal nachgedacht.
5 Feb 2018
## AUTOREN
Peter Grottian
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