# taz.de -- Leuchten der Menschheit Barbara Bollwahn: Zu Hause und bei der Arbe… | |
Der thüringische Bildungsminister Helmut Holter (Linke) ist seit wenigen | |
Tagen Vorsitzender der Kultusministerkonferenz der Länder und hat zum | |
Auftakt seiner Amtszeit einen sehr begrüßenswerten Vorschlag gemacht. | |
Holter regt an, nicht nur Schüleraustauschprojekte mit Polen oder | |
Frankreich zu organisieren, sondern beispielsweise auch zwischen Leipzig | |
und Stuttgart. Ostdeutsche Erfahrungen müssten in den Westen gebracht | |
werden und umgekehrt, so der Politiker. Das könne helfen, „den | |
innerdeutschen Dialog“ zu fördern. Bis es so weit ist, wenn überhaupt, | |
müssen Publikationen und Ausstellungen diesen Austausch ersetzen. | |
Wollen deutsche Schüler die wohl größte Sammlung an DDR-Artefakten sehen, | |
müssen sie allerdings in die USA reisen. Ausgerechnet beim ehemaligen | |
Klassenfeind befindet sich die wohl größte Sammlung an DDR-Objekten, in | |
Culver City in der Nähe von Los Angeles. Es sind etwa 100.000 Kunst- und | |
Alltagsgegenstände, die dort gezeigt werden. | |
Der US-amerikanische Historiker Justinian Jampol, der seine Doktorarbeit | |
über die „Ikonografie der DDR“ geschrieben hat, begann im Jahr 2000 die | |
Dinge zu sammeln, die allerorten in der DDR entsorgt wurden. 2002 eröffnete | |
er „The Wende Museum“. Unterstützung bekommt er unter anderem von dem | |
deutschen Verleger Benedikt Taschen, der die einzigartige Sammlung | |
finanziell unterstützt und ihr publizistische Denkmäler errichtet. | |
Der Kölner Verlag, der für seine Bildbände zu Kunst, Architektur, Design, | |
Film, Fotografie und Lifestyle bekannt ist, hat bereits 2014 ein Buch zu | |
der Sammlung herausgebracht, den opulenten Bildband „Beyond the wall“, für | |
100 Euro. Nun hat der Verlag eine „volksnah“ gestaltete Ausgabe | |
herausgebracht, „Das DDR-Handbuch“, für 29,99 Euro. Und auch dieses Buch | |
kann sich sehen lassen. | |
Der Bildband wiegt etwa fünf Kilogramm, umfasst mehr als 800 Seiten mit | |
Hunderten Fotos und es ist ein Vergnügen, in dem äußerst ansprechend | |
gestalteten Buch zu blättern. Gegliedert ist es in Kapitel wie „Essen, | |
Trinken & Rauchen“, „Unterhaltung und Erholung“, „Design & Mode“, „… | |
oder „Arbeit & Bildung“ und „Bildersturm & Gegenkultur“, die mit vielen | |
Fotos und knappen Informationen versehen sind. | |
„Die materielle Kultur der Deutschen Demokratischen Republik und die Art | |
und Weise, wie diese ‚Dinge‘ seit 1989 gesammelt, verramscht, ignoriert, | |
weggeworfen, ausgestellt und verlacht werden“, schreibt Justinian Jampol, | |
der Gründer und geschäftsführende Direktor des Wende-Museums, „zeigen, | |
inwieweit die Geschichte der DDR immer noch die Gemüter entzweit und keinen | |
Konsens gefunden hat“. | |
Mittlerweile ist das amerikanische Wende-Museum umgezogen, in eine | |
ehemalige Waffenkammer der US-Nationalgarde aus dem Jahr 1949, dem | |
Gründungsjahr der DDR. | |
Barbara Bollwahn ist freie Autorin und lebt in Berlin. | |
20 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Bollwahn | |
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