# taz.de -- die dritte meinung: Wir brauchen bessere Bedingungen in Europas St�… | |
Der zu Jahresbeginn veröffentlichte Ernährungsreport 2018 macht erneut | |
deutlich: Mehr als 90 Prozent der Deutschen sind bereit, für artgerechte | |
Tierhaltung deutlich mehr zu bezahlen. Sie wünschen sich auch bessere | |
Bedingungen in der Tierhaltung. Doch die Menschen tun nicht, was sie sagen. | |
In der Realität greifen nur wenige zur ethisch vertretbaren Ware. Die | |
Forderung des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU): Man | |
solle ein Schulfach „Ernährung“ einführen. Andere fordern bessere | |
Kennzeichnung. | |
Mit anderen Worten heißt das: An den Zuständen in der Landwirtschaft will | |
man nichts ändern, das kann nur der Bürger tun. Er soll halt „richtig“, | |
also strategisch konsumieren. Dann ändert sich auch die Produktion. | |
Das ist leider furchtbar naiv. Wer sich mit dem Thema befasst hat, weiß: Es | |
hapert nicht am Wissen. Es wird wohl kaum jemanden geben, an dem die üblen | |
Bilder aus Industrieställen und die Berichte über das Leid in der | |
Schlachtung vorbeigegangen sind. Doch wir verdrängen die Tatsachen. | |
Billigfleisch ist Routine, auch bei Topverdienern. Auf dem 800-Euro-Grill | |
liegen Dumpingbratwürste – für 99 Cent im Dreierpack. Ausnahmen bestätigen | |
die Regel. | |
Dann besser umgekehrt: Wir ändern die Produktion, also die Verhältnisse in | |
Europas Ställen, und die Konsumenten müssen sich gar nicht für das | |
moralisch Richtige entscheiden. Das funktioniert bereits vielfach in der | |
Praxis. Zum Beispiel ist die Auslauffläche für Legehühner inzwischen | |
verdoppelt. Die Konsumenten haben das meist nicht bemerkt. Die Verhältnisse | |
haben sich verändert, nicht das Verhalten. Mit steigenden Standards wird | |
Öko zur Routine. | |
Was hätten Politiker zu befürchten, wenn sie die Standards etwa für | |
Schweinehaltung schrittweise anheben würden und dafür auf EU-Ebene werben? | |
In Berlin werden wohl kaum Abertausende auf die Straße gehen und für | |
billiges Fleisch demonstrieren. Nein, am 20. Januar 2018 werden dort, wie | |
jedes Jahr zur Grünen Woche, mindestens 20.000 Menschen demonstrieren und | |
rufen: „Wir haben es satt!“ | |
11 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Michael Kopatz | |
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