# taz.de -- berliner szenen: Einer großen Sache auf der Spur | |
In meinem schönen Städtchen B. in Brandenburg gibt es einen Bahnhof, der | |
keiner mehr ist, sondern ein Kulturhaus. Vor dem Kulturbahnhof steht eine | |
Telefonzelle, die keine mehr ist, sondern ein Bücherschrank zum kostenlosen | |
Lektüretausch. Dort holen sich Zugfahrer ihre Reiselektüre, Kinder suchen | |
sich begeistert Abenteuergeschichten raus, und der einsame Gassigeher um | |
Mitternacht findet einen Thriller. | |
V. hatte nach dem Yoga ein paar Weihnachtsgeschenke gesucht, und ein Buch | |
schien ihr nett für ihren Vater, sie blätterte darin herum. Das Buch | |
entpuppte sich nicht als normales Buch, sondern als Versteck. Für drei | |
Tresorschlüssel! In einem ausgehöhlten Buch! | |
Als ich zu der Szenerie dazukam – V. war inzwischen aufgeregt in den | |
Kulturbahnhof zu ihrer Yogalehrerin zurückgelaufen – , saßen die beiden | |
schon eine Weile und entwarfen Theorien. Der Favorit war: Sohn löst Wohnung | |
der verstorbenen Mutter oder des Vaters auf und packt die ganzen Bücher | |
unbesehen in die Buchhaltestelle. | |
Ich kam dazu und wollte eigentlich nur ein Geschenk abholen, das B. für | |
mich im Bahnhof hinterlegt hatte. Meine Theorie daher: ein geheimer | |
Übergabeort! Es mag daran liegen, dass ich lange Autofahrten hinter mir | |
habe, bei denen ich „Die drei ???“ hören musste. Aber mir kam meine Theorie | |
plausibel vor. | |
Freundin M., die Polizistin, antwortete mir heute Morgen auf meine nachts | |
geschriebene Nachricht: „Gib sie im Fundbüro ab!“ Polizisten haben halt | |
keine Fantasie. Ich werde den Fall lösen! | |
Falls V. und J. recht haben, steht jetzt ein Sohn vor dem verschlossenen | |
Tresor und sucht verzweifelt die Schlüssel. Und wenn ich recht habe, dann | |
sind wir einer großen Sache auf der Spur. Eine Sache gab mir allerdings zu | |
denken. Das Buch heißt „Ganz schön komisch“. | |
Elke Eckert | |
9 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Elke Eckert | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |