# taz.de -- heute in hamburg: „Der Inbegriff bürgerlicher Arbeit“ | |
Interview Adèle Cailleteau | |
taz: Frau Papenbroock, Ihr Film ist ein Porträt dreier Künstler mit | |
Behinderungen. Was ist das besondere an ihnen? | |
Jana Papenbroock: Künstler auf dem freien Markt sind meist neurotypisch und | |
verstehen Kunst oft als ein Außerhalb der Gesellschaft oder ein | |
liberalistisches Mittel, ein nicht-konformes Leben zu führen. Für die drei | |
ist es genau das Gegenteil. Sie sind Künstler, um an der Gesellschaft | |
teilzuhaben und sich als Gemeinschaft zu solidarisieren. Für sie ist Kunst | |
der Inbegriff bürgerlicher Arbeit. | |
Was bedeutet die Kunst für sie? | |
Es ist ein Ausdruck ihrer Selbstbestimmung, eine nicht-entfremdende Arbeit, | |
die sie sich ausgesucht haben und gerne tun. Sie arbeiten auch als | |
Kunstvermittler an einer Grundschule in Altona, wo sie die Möglichkeit | |
haben, ihre Erfahrungen weiterzugeben. Kaum jemand greift das Wissen von | |
Menschen mit Behinderungen auf, es wird nicht bewahrt. | |
Wie macht man Inklusion richtig? | |
Inklusion ist ein politisches Schlagwort, das eigentlich den Ausschluss von | |
Menschen mit Behinderungen verhindern soll. Aber es wird sehr oft | |
paternalistisch gebraucht. Der Begriff wird meist von Menschen ohne | |
Behinderungen in einen Monolog über die zu Inkludierenden anstatt eines | |
Dialogs benutzt. | |
Was wollen Sie mit dem Film erreichen? | |
Wir haben den Film zu viert gemacht, die drei Protagonisten und ich. Es | |
ging darum, Grenzpraktiken zu politisieren. Man naturalisiert meist die | |
Unterscheidung zwischen dem wissenden Dokumentarfilmer und dem Subjekt – | |
das wird hier aufgebrochen. Die Protagonisten haben mit ihren eigenen | |
Kameras mitgefilmt, auch das Drehbuch haben sie mitgeschrieben. Der Film | |
versucht, verschiedene Perspektiven in einem offenen Gespräch koexistieren | |
zu lassen, um unterschiedliche Lebens- und Wissensformen anzuerkennen. | |
Was haben Sie von dieser Erfahrung gelernt? | |
Ich bin sehr dankbar, dass ich mit ihnen arbeiten durfte. Sie sind Freunde | |
geworden, von denen ich viel gelernt habe. Zum Beispiel, dass die | |
einseitige Fixierung auf das finale Produkt oft falsch ist. Es geht um das, | |
was man gemeinsam als Lebenspraxis erschafft, um zwischenmenschliche | |
Beziehungen und Zusammenarbeit. Ich bin auch dabei zu lernen, gelassener | |
mit den Filmen umzugehen. Ich versuche nicht mehr, alles zu bestimmen, | |
sondern Platz für das Unerwartete und die Vielstimmigkeit zu lassen. | |
Filmvorstellung„Warum lacht Herr W.?“ mit Regisseurin und Protagonisten: 20 | |
Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5 | |
9 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Adèle Cailleteau | |
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