# taz.de -- der rote faden: Die supercoole Sondierungsshow – mit Schleimtopf! | |
Bild: Foto: privat | |
Durch die Woche mit Klaus Raab | |
Als wäre nicht schon alles verwirrend genug, kommt jetzt auch noch das | |
Wetter dazu: „Windhose rast über Landkreis Bamberg: Sturmtief Burglind | |
richtet schwere Schäden an“, berichtete das regionale Onlineportal | |
infranken.de am Mittwoch. Am selben Tag schrieb es: „Kreis Bamberg | |
größtenteils vom Sturm verschont.“ | |
Bei so viel Konfusion allüberall über den Tannenwipfeln ist es vielleicht | |
ganz gut, dass demnächst endlich wieder jemand weiß, wo es langgeht mit | |
diesem Land. Leute, holt die Wunderkerzen raus, köpft die Sektpullen, und | |
zieht den Hosenbund unter den Bauchnabel: Am Sonntag beginnen endlich die | |
supercoolen Sondierungen von Union und SPD! | |
Dass die nicht nur eine neue Regierung hervorbringen, sondern zunächst mal | |
eine gute Show werden könnten, die uns bis zum Start des Dschungelcamps am | |
19. Januar mit täglichen Promi-News versorgt, dafür sprechen die | |
Statements, die dieser Tage vorbeugend abgeliefert wurden. Alexander | |
Dobrindt von der CSU hat sicherheitshalber die SPD vor überzogenen | |
Forderungen gewarnt; eine „20-Prozent-Partei“ könne nicht 100 Prozent ihrer | |
Ziele umsetzen. Was man halt so vorzubringen hat als Vertreter einer | |
Partei, die bundesweit auf 6,2 Prozent kommt. SPD-Vize Ralf Stegner darauf | |
so: „Ehrlich gesagt ist uns das schnurz.“ | |
Das war doch schon mal ganz klicky! Aber Dobrindt hat dann gleich noch | |
einen rausgehauen – und rief zur atmosphärischen Einstimmung nicht weniger | |
als die „Revolution“ aus, weil Deutschland irgendwie links dominiert sei | |
(Näheres siehe Leitartikel oben). „Deutschland ist nicht der Prenzlauer | |
Berg, aber der Prenzlauer Berg bestimmt die öffentliche Debatte“, | |
beschreibt er das Elend. Als aus Bayern zugewanderter Kreuzberger möchte | |
ich allerdings darauf bestehen, dass nicht der Prenzlauer Berg der | |
linksgrünversiffte Bezirk Nummer eins ist – nee, mein Lieber, wir sind’s! | |
Die „bürgerlich-konservative Wende“ klingt aber auch ein bisschen nach | |
Kohl. Dessen „geistig-moralische Wende“ hat uns seinerzeit zum Beispiel die | |
Einführung des Privatfernsehen beschert. Hier setzt Dobrindt offensichtlich | |
auch wieder an. Nach zwölf Jahren unionsgeführter Regierung, der er zuletzt | |
als Bundesminister angehörte, steckt in seiner Aufforderung zum | |
konservativen Umsturz auch eine subtile dschungelcampistische Botschaft an | |
Kanzlerin Merkel („Steig endlich in den Topf mit dem rechten Schleim, | |
Angie!“). | |
Unterhaltungsfernsehen, das ist eh ein gutes Stichwort. Wir wollen Sie hier | |
nicht ausschließlich mit diesem superseriösen Politkram behelligen. Schluss | |
mit der linken Volkserziehung! Es ist schließlich Wochenende, the time of | |
the Erdbeermarmeladencroissant, wie man im Umfeld des anderen | |
Wendebeauftragten der Union, Jens Spahn von der CDU, wohl sagen würde („Mir | |
geht es zunehmend auf den Zwirn, dass in manchen Berliner Restaurants die | |
Bedienung nur Englisch spricht“). Da darf es ruhig auch mal um was anderes | |
gehen als immer nur um Sachfragen. | |
Wir hätten hier also noch eine ganze Palette von spektakulären Geschichten | |
der Woche im Angebot. Hier die Liste zum selbstständigen pädagogikfreien | |
Weitergoogeln: | |
„Pop-Titan“ Dieter Bohlen hat sich skandalöserweise etwas abfällig über … | |
neue Jury von „Deutschland sucht den Superstar“ geäußert (eine Sendung, d… | |
es ohne Kohls geistig-moralische Wende vielleicht gar nicht gäbe). | |
Die neue Trendfarbe ist Ultra-Violett. | |
Heide Keller hat ihre Karriere als Beatrice auf dem „Traumschiff“ beendet. | |
Donald Trump hat gar keinen roten Atomknopf auf dem Schreibtisch, der | |
größer ist als der von Kim Jong Un; das hat er nur behauptet, der alte | |
Schlingel. In Wirklichkeit wird dem US-Präsidenten immer eine schwarze | |
Tasche hinterhergetragen, die in Fachkreisen angeblich Football heißt, wie | |
Ingo „Info“ Zamperoni zu verkünden wusste. | |
Und nicht zu vergessen: „Tagesthemen“ und „heute journal“ wurden diese | |
Woche beide 40 Jahre alt. In der ARD wurde dem ehemaligen | |
„Tagesthemen“-Moderator Wolf von Lojewski im Rahmen der | |
Selbstfeierlichkeiten der folgende Satz zugeschrieben: „Die Tagesschau | |
sagt: Minister wirft das Handtuch, die Tagesthemen sagen, wohin.“ Vom ZDF | |
wiederum wurde von Lojewski, der später auch das „heute journal“ | |
moderierte, so zitiert: „Die heute-Ausgabe um 19 Uhr meldet: Politiker XY | |
wirft das Handtuch – wir sagen, wohin!“ | |
Welches Zitat davon stimmt? Bei den Sondierungsgesprächen würde man sagen: | |
schnurz. Aber falls die zwei Nachrichtenmagazine irgendwann mal einen | |
Wettkampf austragen möchten, um herauszufinden, welches in der Praxis | |
schneller recherchiert, wo das Handtuch sich befindet: Einen Politiker, der | |
sich vielleicht als Werfer versuchen könnte, hätten wir zur allergrößten | |
Not im Auge. | |
Nächste Woche Johanna Roth | |
6 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Klaus Raab | |
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