# taz.de -- heute in hamburg: „Besser als staatliche Strukturen“ | |
Bild: Foto: privat | |
Interview Adèle Cailleteau | |
taz: Herr Mäusezahl, sind die Zapatisten der Beweis, dass eine andere Welt | |
möglich ist? | |
Martin Mäusezahl: Ja, für mich schon. Ich finde es sehr beeindruckend, mit | |
welchem Mut und Entschlossenheit die Zapatistas dabei sind, eine andere | |
Welt aufzubauen. Es sind indigene KleinbauerInnen in Mexiko, stark | |
diskriminierte Menschen, die so viel geschafft haben. Ihr Beispiel macht | |
Lust, selber an einer anderen Welt zu bauen. | |
Seit 24 Jahren organisieren rund 100.000 Zapatisten ihr Zusammenleben | |
unabhängig vom mexikanischen Staat. Wie läuft das? | |
Erstmal wurde ein ökonomischer Freiraum geschaffen, durch den bewaffneten | |
Aufstand des 1. Januar 1994. Dabei wurde Land von Großgrundbesitzern | |
zurückgewonnen, das im Kolonialismus den Indigenen weggenommen wurde. | |
Wie sind sie politisch organisiert? | |
Auf dieser Basis haben die Zapatistas eine basisdemokratische | |
Selbstverwaltung auf drei Ebenen geschaffen: Gemeinde, Landkreise, | |
Regionen. Delegierte und Amtsträger haben die Pflicht, die | |
Vollversammlungen der Gemeinden für alle wichtigen Entscheidungen zu fragen | |
und sich an die Beschlüsse zu halten. Sie sind jeder Zeit absetzbar. Alle | |
Ämter rotieren. So lernen viele Menschen politisches Handeln und übernehmen | |
Verantwortung. Aber vielleicht noch wichtiger als die politischen | |
Strukturen ist, dass die Zapatistas auch eine komplette soziale | |
Infrastruktur aufgebaut haben, mit Rechtsprechung, Radiostation, | |
Gesundheits- und Schulsystem. Diese funktioniert besser als die staatlichen | |
Strukturen. | |
Es klingt traumhaft. Läuft aber wirklich alles so gut? | |
Nein, nicht alles. Aber das sagen die Zapatistas auch selbst. Ein zentrales | |
Motto heißt „Fragend gehen wir voran“. Sie gestehen sich zu, Fehler zu | |
machen. Sie haben immer Probleme thematisiert, zum Beispiel dass die Frauen | |
in der Bewegung nicht gleichberechtigt sind. Zehn Jahre später sind viele | |
Frauen in politischen Ämtern. | |
Können die Zapatisten ein Vorbild für Hamburg sein? | |
Ich glaube, so einfach übertragbar ist das nicht. Für emanzipatorische | |
Politik und Gesellschaftsveränderung muss ma n selber denken und | |
ausprobieren. In Mexiko gibt es einen anderen historischen und | |
gesellschaftlichen Kontext. Ich glaube trotzdem, dass eine | |
Auseinandersetzung mit den Zapatistas wertvolle Anregungen geben kann, um | |
Ideen zu bekommen und die eigene Praxis zu reflektieren. | |
Vortrag des Kaffeekollektivs Aroma Zapatista „24 Jahre basisdemokratische | |
Selbstverwaltung der Zapatistas“: 20 Uhr, Infoladen Wilhelmsburg, | |
Fährstraße 48 | |
5 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Adèle Cailleteau | |
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