# taz.de -- Ein Klub, drei Akteure | |
> Hannover 96 ist mehr als nur ein Fußballverein. Das verdeutlicht vor | |
> allem die Organisationsstruktur | |
Von David Joram | |
Hannover 96 gleich Martin Kind. Der Macher, der Vorsitzende, der Boss auf | |
allen Ebenen. Es herrsche eine Vorstandsdiktatur, heißt es in seinem | |
Umfeld. Rein praktisch mag das so sein, theoretisch entscheiden im | |
Gesamtgefüge Hannover 96 aber noch weitere Akteure über die Ausrichtung des | |
Klubs. Und wer Hannover 96 sagt, muss wissen, was sich dahinter verbirgt. | |
Kern des Ganzen ist der Hannoversche Sport-Verein von 1896 e.V. (kurz: | |
e.V.), dem über 20.000 Mitglieder angehören, von denen rund 7.000 | |
stimmberechtigt sind. Diese können mittels Jahreshauptversammlung den | |
Aufsichtsrat bestimmen, der alle drei Jahre gewählt wird. Der Aufsichtsrat | |
wiederum bestimmt den e.V.-Vorstand. Vorstandsvorsitzender des e.V. ist | |
Kind, seine vier Vorstandskollegen sind ihm treu ergeben. Gewählt wurde | |
Kind allerdings vom fünf Mitglieder umfassenden Aufsichtsrat, indem mit | |
Sebastian Kramer und Ralf Nestler zwei Kind-Oppositionelle sitzen. | |
Der e.V. betreibt diverse Abteilungen, er ist weitaus mehr als ein reiner | |
Fußballverein. Auf der Profifußballabteilung liegt aber der Fokus. Dabei | |
handelt es sich um die Hannover 96 Kommanditgesellschaft auf Aktien & Co. | |
GmbH (KGaA), der Fußball-Bundesliga-Lizenznehmerin. | |
Die Kernfrage lautet: Darf der e.V.-Chef Martin Kind 51 Prozent der | |
e.V.-Anteile an der KGaA an den Privatier Martin Kind verkaufen? | |
Ja, findet Kind. Nein, meinen Nestler und Kramer. Rund um diese Frage sind | |
weitere Konflikte entstanden, um die sich teilweise die Gerichte kümmern. | |
Hat Kind vermögende Werte des e.V. zum eigenen Vorteil verscherbelt, lautet | |
eine Frage. Und warum werden Mitglieder des e.V. ausgeschlossen? Sind die | |
zuletzt 36 Betroffenen reine Krawallmacher? Oder nutzt die Kind-Fraktion im | |
e.V. den Ausschluss, um Kritiker loszuwerden? Die Meinungen gehen | |
auseinander – klar ist nur: Es geht um die Macht über die KGaA. | |
Innerhalb der KGaA werden Entscheidungen über Transfers, Trainer oder die | |
Wahl eines Trainingslagers getroffen. Die KGaA führen Martin Kind und Björn | |
Bremer, Manager ist Horst Heldt. An der KGaA hält der e.V. 51 Prozent der | |
stimmberechtigten Anteile. Die restlichen 49 Prozent der Stimmanteile | |
gehören der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG (S&S). Die S & S | |
regelt Dienstleistungen wie Merchandising, Ticketing oder Markenpflege, die | |
beiden Geschäftsführer heißen Kind und Bremer. Betrachtet man die | |
Kapitalseite, dann gehört die 96-KGaA sogar zu 100 Prozent der S & S. Aber | |
Kapitalanteile sind nicht gleich Stimmanteile. | |
An der S & S finanziell beteiligt sind vier Gesellschafter: Martin Kind, | |
der 52,73 Prozent hält, Drogeriemarkt-Gründer Dirk Roßmann (19,76), | |
Unternehmer Gregor Baum (16,11) und Matthias Wilkening (11,4). Wilkening | |
leitet das Klinikum Wahrendorff bei Hannover, eine der größten | |
psychiatrischen Privatkliniken Europas. Er herrsche in Gutsherrenmanier, | |
zitierte die taz 2007 Kritiker. | |
Wilkening hat vor dem Landgericht Hannover gegen Kind geklagt. Es geht | |
darum, wie Gewinne innerhalb der S & S ausgeschüttet werden. Wilkening will | |
eine Rendite für seine Anteile einstreichen, Kind pocht auf Abmachungen, | |
wonach Gewinne in 96-Projekte fließen. Die Entscheidung soll im März | |
fallen, Ausgang offen – wie so vieles bei 96. | |
18 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |