# taz.de -- Strafe für Demo-Sani | |
> Gericht wertet Schutzhelm als Vermummung | |
Von Raphael Piotrowski | |
Viele BesucherInnen von Demonstrationen dürften sie kennen: ehrenamtliche | |
DemosanitäterInnen, die von Pfefferspray gerötete Augen ausspülen oder die | |
Erstversorgung von schwerer Verletzen übernehmen. | |
Am Landesgericht ist ein Demo-Sani am Mittwoch wegen seines Einsatz bei | |
einer Demonstration gegen einen rechten Anti-Merkel-Aufmarsch im November | |
2016 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Unter | |
anderem wertete das Gericht das Tragen eines Schutzhelms und einer | |
Atemmaske als passive Bewaffnung und Vermummung. | |
Bisher war eine derartige Ausrüstung nie ein Problem. Daher sind auch die | |
Demo-Sanis von Riot Medics Berlin davon ausgegangen, nicht als | |
TeilnehmerInnen einer Demonstration gewertet zu werden, wie sie vor Gericht | |
erklärten. Michèle Winkler vom Kölner Komitee für Grundrechte und | |
Demokratie nennt das Urteil eine „Kriminalisierung wichtiger ehrenamtlicher | |
Hilfe“. Sie zieht eine Parallele zu DemobeobachterInnen und | |
JournalistInnen, die Demonstrationen zwar eng begleiten, „jedoch eben nicht | |
aktiver Teil dessen sind.“ | |
Demosanitäter sehen nun künftige Einsätze in Gefahr: Scheren etwa dürften | |
bei regulären DemonstrantInnen als unzulässige Waffe gewertet werden. „Uns | |
ist jedoch unklar, wie man ohne Schere ein Pflaster schneiden soll“, so ein | |
Vertreter von Riot Medics Berlin zur taz. | |
Ehrenamtliche Sanitäter bei Demonstrationen und politischen Aktionen gibt | |
es seit Anfang der 1980er-Jahre – stets mit Helmen ausgestattet, um sich | |
sowohl vor allzu lose sitzenden Polizeiknüppeln als auch umherfliegenden | |
Gegenständen schützen zu können. Heute agieren die Demosanitäter | |
professionell: Stets als Team im Einsatz, setzen sie sich aus | |
ErsthelferInnen, SanitäterInnen und ÄrztInnen zusammen. | |
In der vor Gericht vorgetragenen Erklärung unterstreichen die Riot Medics | |
Berlin, sie würden die von ihnen aufgesuchten Veranstaltungen zwar nach | |
ihren „politischen Präferenzen“ aussuchen, dort versuche man jedoch stets | |
neutral zu agieren. Allen Verletzen, „unabhängig von Gesinnung oder | |
Berufsstand“ käme ihre Hilfe zugute, oft ergebe sich eine | |
partnerschaftliche Zusammenarbeit mit regulären Rettungskräften. | |
Neben den Vorwürfen bezüglich Vermummung war der Demosanitäter wegen | |
Widerstands gegen Vollzugskräfte und versuchter Gefangenenbefreiung | |
angeklagt. In der unübersichtlichen Situation eines polizeilichen Zugriffs | |
habe er einen Beamten gestoßen, sodass eine Festnahme nicht vollzogen | |
werden konnte, schilderte ein Polizist vor Gericht. | |
Ob der Verurteilte Berufung gegen das Urteil einlegt, ist noch offen. | |
15 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Raphael Piotrowski | |
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