# taz.de -- der rote faden: Der Prinz, seine Frau und ein Schrank voller Hüte | |
Bild: Foto: privat | |
Durch die Woche mit Klaus Raab | |
Der brasilianischdeutsche Fußballer Zé Roberto, der einmal bei Bayer | |
Leverkusen, bei Bayern München und später dann allen Ernstes auch noch beim | |
Hamburger SV gespielt hat, hat gerade im Alter von 43 Jahren seine Karriere | |
beendet. Mit „sechs Prozent Körperfett“, wie die Süddeutsche Zeitung | |
staunte. Und das Staunen war berechtigt, denn sechs Prozent, so viel füllt | |
unsereins ja in jeder Kaffeepause nach. | |
Die Frage ist, ob es möglich ist, dass ein 43-Jähriger sein Leben wirklich | |
derart unter Kontrolle hat – der mittlere Körperfettanteil von Männern | |
seines Alters liegt jenseits der 20 Prozent. Oder ob Zé Roberto in Wahrheit | |
vielleicht nie existiert hat und nur eine verdammt realistisch wirkende | |
Figur aus einer Super-RTL-Serie ist. | |
Sagen wir so: Es spricht tatsächlich einiges dafür, dass es sich um einen | |
großen Schwindel handelt. Sechs Prozent Körperfett klingt einfach zu sehr | |
nach Elfen-und-Feen-Cartoon. | |
In einer Studie der Universität Rostock, diese Woche vorgestellt, wird | |
jedenfalls dargelegt, dass es gewisse Musterkörper praktisch nur im | |
Trickfilm gibt – dort dafür allerdings gehäuft. 327 animierte und | |
Zeichentrickfiguren aus dem Kinderfernsehen wurden analysiert. Viele von | |
ihnen sind demnach mit einem sanduhrförmigen Körperbau ausgestattet, der | |
anatomisch eigentlich nicht möglich sei, wie es heißt. Das betrifft | |
freilich, wenig überraschend, vor allem die weiblichen Figuren. | |
Basis für die Messungen war der Taille-Hüft-Quotient, zu dessen Berechnung | |
der Umfang der Hüfte in Beziehung zu dem der Taille gesetzt wird. | |
Nach der Pubertät könne der weibliche Körper maximal einen Quotienten von | |
0,68 erreichen, „anatomisch normal“ sei 0,8. Die Meerjungfrau Marina aus | |
der französischen Zeichentrickserie „Zig & Sharko“, der extremste Fall, | |
habe einen Wert von 0,2. Was wohl bedeutet, dass sie ohne Organe auskommt. | |
Interessant ist, wie Kinder zitiert werden, die zu den Figuren befragt | |
wurden. | |
Aber bevor wir dazu kommen, müssen wir uns kurz noch der Prominenten der | |
Woche annehmen, Meghan Markle. Sie, eine US-amerikanische Schauspielerin, | |
und ihr Zukünftiger Harry, ein bekannter Adliger aus Großbritannien, haben | |
bekannt gegeben, dass sie einander zu ehelichen gedenken. Das löste hier | |
und da ein kleines Herzbeben aus, denn im Grunde lebt Meghan Markle damit | |
den Traum, von dem Meerjungfrauengeschichten häufig handeln: Sie wird | |
Prinzessin. | |
Sieht man davon ab, dass sie bis vor Kurzem einen guten Job hatte, ist es | |
wie in den Märchen, in denen am Ende der Königssohn auf einem weißen Gaul | |
einreitet und das schöne Mädchen, das in der Asche vor dem Herd leben muss, | |
von seinem Schicksal erlöst. | |
Das Problem ist nur, dass Meghan Markle zwar einen echten Königinnenenkel | |
heiratet – aber dass sie wirklich Prinzessin wird, kann sie sich eben doch | |
abschminken. Warum? Die „brutale Antwort“ (BBC): Sie hat kein „royal | |
blood“. | |
Man kann also auch sagen, dass sie, der Liebe wegen, für einen Schrank | |
voller bescheuerter Hüte ihren Beruf aufgibt. | |
Kürzlich ist Markle aus der Anwaltsserie „Suits“ ausgestiegen, in der sie | |
jahrelang mitgespielt hat. Denn so ziemt es sich dem Vernehmen nach für die | |
Royal Family im Königreich: keine Nebenjobs. Harry ist also der Prinz, sie | |
wird seine winkende Frau. | |
Typisch Royals? Na ja. Es scheint, als wäre eine solche Rollenverteilung | |
auch manchem Abgeordneten in Deutschland nach wie vor am liebsten. Diverse | |
Parlamentarierinnen berichteten diese Woche im WDR-Format „Docupy“ von | |
ihren Erfahrungen in der Politik. | |
Gitta Connemann von der Union erzählte, sie werde mit Sätzen begrüßt wie: | |
„Da kommt unsere sehr hübsche Kollegin.“ Die Grüne Margit Stumpp sagte, | |
bestaunt werde nicht nur, dass sie „bemerkenswert kompetent“ sei, sondern | |
auch, dass sie „den schönsten Arsch im Gremium“ habe. | |
Und die Linke Katja Kipping berichtete, wie einmal ihre Argumente mit dem | |
Satz verniedlicht worden seien: „Deine Ohrringe wackeln so schön, wenn du | |
dich aufregst.“ Deutsche Politik – auch nur ein Disney-Musical für | |
Erwachsene. Und damit nun aber zu den Kindern, die zum | |
Zeichentrickfernsehen befragt wurden. Diejenigen unter ihnen, die in der | |
Presse zitiert wurden, ärgerten sich darüber, dass die Trickfiguren „viel | |
zu dünn“ seien. Speziell die Jungen, heißt es, fänden es „doof“, dass … | |
weiblichen Figuren viel zu oft „tussige Prinzessinnen“ seien, die immerzu | |
gerettet werden müssten. | |
Kann es also sein, dass da eine neue Generation heranwächst, die die | |
Erzählungen der Alten kennt, aber letztlich ablehnt? | |
Wir generieren aus diesem Verdacht hiermit einfach mal eine Botschaft | |
dieser Woche: Die Kids sind womöglich alright. | |
Nächste Woche Nina Apin | |
2 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaus Raab | |
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