Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wohnungsbau als Chance
> Architekten fordern angesichts des geplanten Wohnungsneubaus Leitbilder
> für moderne Stadträume
Von Rolf Lautenschläger
Man ist derzeit schon dankbar, wenn in Berlin neue Wohnungen entstehen und
einige davon auch für den sozialen Wohnungsbau errichtet werden. Bis 2030
werden jährlich rund 20.000 neue Wohnungen benötigt. Doch nur 2.850
Wohnungen werden in diesem Jahr die landeseigenen Baugesellschaften –
darunter die Degewo, Howoge, die Stadt und Land sowie die
Wohnungsbaugesellschaft Mitte – fertigstellen. Ein paar mehr kommen 2017
von Privaten. Das reicht hinten und vorne nicht.
Ist es da nicht Luxus, wenn der Bund Deutscher Architekten Berlin (BDA) zu
einer Veranstaltung mit Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) und
Stadtplanern einlädt, um nicht nur die Wohnungsfrage, sondern auch die
Herausforderungen eintöniger Stadträume und die radikale Ökonomisierung des
Bauens ins Visier zu nehmen?
Ist es nicht. Mit „Wohnraum schaffen. Stadtraum bauen“, so der Titel der
Diskussion am Montagabend auf dem ExRotaprint-Gelände, zeigt der BDA auf
eine Leerstelle in der Berliner Baupolitik und Architektur. Weil die
Wohnungsfrage oft auf „Bauformen und Kostenmieten reduziert wird“, würden
die Aspekte der „stadträumlichen Entwicklung, der qualitätvollen
Architektur und die Infrastruktur vernachlässigt“, kritisierten Andreas R.
Becher und Julia Dahlhaus, Vorstand beziehungsweise Architektin im BDA.
Anstatt zeitgemäße Wohnungsbauideen umzusetzen, habe es den Anschein, dass
„Berlin dabei ist, die Chance für eine zukünftige Stadtentwicklung zu
verpassen“, monierte Dahlhaus. Gesichtslose Quartiere wie in Spandau oder
Pankow bildeten „keine guten Vorbilder“. Bedenkenswert sei auch, ob die
Wohnungsbaugesellschaften mit der Planung und dem Bau neuer Quartiere nicht
überfordert seien, so die Architektin. Deshalb sollten weitere Bauträger –
auch genossenschaftliche und private – mit ins Boot des sozialen
Wohnungsbaus geholt werden. An die Adresse der Bausenatorin gerichtet,
forderte Dahlhaus: Der Senat müsse „Leitbilder“ und ein „Regelwerk für …
am Bauprozess Beteiligten“ erarbeiten.
Als Modell für einen gelungenen modernen, sozialen und urbanen Städtebau
diente etwa die Quartiersentwicklung des Hunziker-Areals im Norden von
Zürich. Dort entwarf und baute die Baugenossenschaft „Mehr als Wohnen“ mit
Architekten, der Stadt und Mitgliedern einen „neuen Stadtteil voller
unterschiedlicher Hausideen“ mit dichter und hoher Bebauung, wie Thiesen
betonte. Bis hin zum kleinen Hochhaus entstanden 2014/15 „nach einem
Regelwerk“ dreizehn unterschiedliche Blöcke neben Straßen, Plätzen,
Freizeit- und Allmendeflächen. 1.300 Menschen leben, 150 arbeiten dort.
Für Bausenatorin Lompscher war die Runde von Beginn an kein Spaziergang.
Steht doch der BDA der Baupolitik des Senats recht kritisch und mit vielen
alternativen Vorschlägen oft fordernd gegenüber. Es werde zu wenig und
nicht gut gebaut, es gehe nicht voran, befand Becher. 3.000 Pläne für
Wohnungen lägen in den Schubladen der BDA-Mitglieder. Berlin verschrecke
Investoren, das Land müsse mehr Planungshoheit übernehmen und
Gestaltungswillen zeigen, kam vom Publikum.
Dass Lompscher dennoch einigermaßen heil aus der Sache herauskam, hat damit
zu tun, dass der Senat einen „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ auf den Weg
gebracht hat, weitere Flächen für den Wohnungsbau ankauft und dabei ist,
die Verwaltungen umzukrempeln, damit es besser läuft. „Zur Lösung der
Wohnungsfrage braucht es eine Reform“, sagte die Senatorin. „Wir stehen am
Anfang.“ Das stimmt. Es fehlt an allen Ecken, Enden und besonders an guten
Wohnungen.
6 Dec 2017
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.