Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vom eigenen Erfolg überrascht
> Mit Aito Garcia Reneses als neuem Trainer haben sich die Basketballer von
> Alba Berlin als Team gefunden. Ob noch Luft nach oben ist, wie
> Sportdirektor Himar Ojeda glaubt, wird sich beim Heimspiel gegen Gießen
> am Freitag zeigen. Ziel ist das Meisterschaftshalbfinale
Bild: In Aktion: Luke Sikma (links) beim Spiel gegen Oldenburg Mitte November
Von Nicolas Sowa
Ein wenig überraschend kommt selbst für die Verantwortlichen von Alba
Berlin der schnelle Erfolg ihrer Basketball-Mannschaft. Und das mit dem
jüngsten Team, das Alba je ins Rennen geschickt hat. In der Bundesliga
liegen die Berliner auf Platz zwei, im Eurocup – der entspricht in etwa der
Europa League im Fußball – belegen sie in ihrer Gruppe ebenfalls den
zweiten Platz und stehen kurz vor dem Einzug in die Top-16-Runde. „Das war
so natürlich nicht zu erwarten“, sagt Manager Marco Baldi.
Denn nach einer enttäuschenden letzten Saison mit der vorzeitigen
Entlassung von Trainer Ahmet Caki hatten die Alba-Verantwortlichen einen
Neustart gewagt. Sechs neue Spieler kamen und mit Aito Garcia Reneses auch
ein neuer Trainer. Der 70-jährige Spanier ist eine Spieler- und
Trainerlegende. Er brachte NBA-Stars wie Pau Gasol (San Antonio), Ricky
Rubio (Utah) oder Rudy Fernandez (Ex-Denver) heraus. „Wir spielen jetzt
deutlich strukturierter und organisierter. Und vor allem ist unsere
Defensive besser aufgestellt“, findet Alba-Kapitän Niels Giffey.
Aitos Name hat Klang in Basketball-Europa – und Alba bei der Verpflichtung
neuer Spieler geholfen. Mit den US-Amerikanern Luke Sikma (vom spanischen
Meister Valencia) und Spencer Butterfield (Nanterre) bekam man Spieler, die
sonst wohl nicht in Berlin gelandet wären. Einige Akteure kamen extra wegen
Aito nach Berlin. „Mit ihm als Trainer ist es hier perfekt für mich“,
berichtet etwa der 20-jährige Stefan Peno, der vom FC Barcelona kam.
Die Spieler schauen auf zu Trainer-Guru Aito. Und dem Spanier ist es in
kürzester Zeit gelungen, aus den einzelnen Akteuren ein Team zu formen.
Die Spieler vertrauen ihm und er vertraut ihnen – auch, wenn sie Fehler
machen. „Wir müssen gar nicht immer gewinnen, aber wir müssen uns
sukzessive steigern, um am Ende der Saison in Bestform zu sein“, erklärt
Aito. Albas Ziel ist das Meisterschaftshalbfinale.
Aito ist sehr detailverliebt – und nimmermüde, den Spielern seine Ideen zu
vermitteln. Seine besonnene Art kommt bei ihnen an. „Er ist super entspannt
und wirkt nicht, als könnte ihn jemand die Ruhe und Souveränität nehmen. Er
wird nie müde, Sachen zu erklären“, berichtet der deutsche
Neu-Nationalspieler Joshiko Saibou. Die Spieler bekommen viel Freiraum –
sowohl auf als auch neben dem Spielfeld. „Er hat so viel Erfahrung darin,
wie man mit verschiedenen Spielertypen umgeht und sie einsetzt“, lobt
Giffey.
Bei Alba verteilt sich die Verantwortung aber auf viele Schultern. Auch ein
Eigengewächs wie Tim Schneider bekommt seine Spielzeit. So verwundert es
nicht, dass die erzielten Punkte sich oft ausgeglichen auf die Spieler
verteilen. Aito lässt viel rotieren, und so hat das Team auch am Ende eines
Spiels noch Luft. Gerade in Schlussphasen kann Alba so das Niveau halten.
„Wir spielen bis zum Ende mit voller Intensität. So gewinnen wir auch
deutlich, obwohl es lange knapp war“, freut sich Aito.
Mit Luke Sikma, Peyton Siva und Spencer Butterfield hat das Team drei
wichtige Stützen. Siva hatte vergangene Saison noch mit
Verletzungsproblemen zu kämpfen. Davon blieb er zuletzt verschont und ist
zum Denker und Lenker im Berliner Spiel geworden. „Wenn er im Spiel ist,
wird es gleich viel leichter für alle“, findet Baldi. Immer wieder setzt
der US-Amerikaner seine Mitspieler geschickt in Szene, kann aber auch
selber punkten. Diesen Job übernimmt oft auch Spencer Butterfield. Der
Shooting Guard kam im Sommer aus dem französischen Nanterre an die Spree.
Und der 25-Jährige präsentiert sich als wahrer Dreier-Spezialist. In den
letzten fünf Jahren hatte er eine Dreier-Quote von 44,3 Prozent – ein
absoluter Topwert. „Er ist eine verdammte Mikrowelle, die pausenlos
abliefert“, lobt ihn Giffey.
Vergangene Saison stellte Butterfield im Fiba Europe Cup sogar einen Rekord
auf, als er gegen den türkischen Vertreter Usak Sportif stolze elf Dreier
verwandelte. Er selbst gibt sich bescheiden und lobt lieber das Team: „Das
Geheimnis ist, wie wir harmonieren und ob die anderen mich sehen, wenn ich
frei in der Ecke stehe.“
Der Kopf der Mannschaft ist aber Luke Sikma, der Senior im Alba-Team. „Mit
meinen weisen 28 Jahren bin ich sicherlich der Erfahrenste“, gesteht er
schmunzelnd. Ist es in Spielen einmal eng, wird oft er gesucht. „Er ist
ruhig und abgeklärt und immer an allem Guten beteiligt, was auf dem Feld
passiert“, lobt ihn Baldi.
Sikma redet viel mit den anderen Spielern und nimmt die Führungsrolle an.
„Ich versuche, den jungen Spielern ein Vorbild und Anführer zu sein“, sagt
er. Nicht umsonst hat ihn Bundestrainer Henrik Rödl kürzlich als besten
Spieler der Liga geadelt. Aber Sikma selbst sieht noch Luft nach oben. „Wir
sind mit dem bisher Erreichten noch nicht zufrieden und wollen uns weiter
verbessern“, erklärt er. Das ist vor allem Giffey wichtig. „Hier haben alle
Ambitionen und jeder weiß, dass wir unsere Ziele nicht nur durch Reden
erreichen“, sagt er. Die Teamchemie stimmt bei Alba. Auch abseits des
Feldes unternimmt die Mannschaft vieles gemeinsam. „Diese Truppe hat ein
Riesenherz“, freut sich Baldi.
## Noch zu viele Fehler
Trotz des bisherigen Erfolges ist man um Bodenhaftung bemüht. „Wir sollten
uns von hohen Siegen nicht blenden lassen und denken, wir seien so viel
besser als der Gegner. Wir müssen konstanter werden“, warnt Sportdirektor
Himar Ojeda. Rückschläge sind einkalkuliert. Doch bisher hat sich das Team
nur selten aus der Ruhe bringen lassen – auch wenn es mal eng wurde.
Vieles, besonders die Defensive, klappt schon gut, vieles aber auch noch
nicht. Denn Alba leistet sich im Spiel noch zu viele Fehler. In der
Bundesliga gibt es im Schnitt 15,6 Ballverluste pro Partie – zu viel.
Deshalb sieht Baldi sein Team zwar auf einem sehr guten Weg, „aber wir
haben noch nicht das Level erreicht, wo wir hinkommen wollen“, sagt er.
Trainer Aito fordert deshalb mehr Zeit für das Training. Aber der enge
Spielplan lässt das nur selten zu. Nach zweiwöchiger Länderspielpause geht
der Stress für Alba Ende der Woche weiter. Am Freitag empfangen die
Berliner in der Bundesliga Gießen daheim um 19 Uhr.
30 Nov 2017
## AUTOREN
Nicolas Sowa
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.