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# taz.de -- Kontakt zum falschen Pitaverkäufer reicht
> Bei der Unterdrückung der Presse geht die türkische Regierung inzwischen
> auf Rekordjagd
Von Hayri Demir
„Journalismus ist kein Verbrechen“, rufen Demonstranten vor
Gerichtsgebäuden fast täglich in der Türkei. Im Februar 2017 saßen laut
Bekir Bozdağ, dem ehemaligen Justizminister, 30 Journalisten in türkischen
Gefängnissen. Recep Tayyip Erdoğan zählte in einem Interview, das er im
Juli der BBC gab, sogar nur zwei. Der Verein Zeitgenössischer Journalisten
ÇGD kommt auf 143, ohne diejenigen mitzurechnen, die bei Medienunternehmen
arbeiten, aber nicht journalistisch. Vor dem Putschversuch im Juli 2016
waren laut dem Verein nur 39 Journalisten inhaftiert. Die AKP behauptet,
die „sogenannten Journalisten“ säßen nicht wegen ihrer Berichterstattung …
Gefängnis, sondern wegen Anklagepunkten, die mit Terrorismus zu tun haben.
Eine Reihe von Dekreten, die nach dem Putschversuch erlassen wurden, entzog
778 Journalistinnen und Journalisten die Akkreditierung: So sollte das
Narrativ der Regierung gestützt werden. Die Anklageschriften gegen
Journalisten zeigen, dass ihnen fast immer Texte und Meinungen, die sie
womöglich auch in den sozialen Netzwerken teilten, zur Last gelegt werden.
Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Ermittlungen gegen Angestellte der
linksliberalen Cumhuriyet. Polizisten stürmten am 31. Oktober 2016 die
Redaktionsräume und nahmen 14 Mitarbeiter fest, vier sind noch immer in
Haft – darunter der Chefredakteur Murat Sabuncu und der
Investigativjournalist Ahmet Şık.
Gegen Journalisten werden aber auch fadenscheinige Anschuldigungen erhoben
wie etwa der Kontakt zu einem Fladenbrotverkäufer, dem vorgeworfen wird,
ein Gülenist zu sein. Viele Journalisten sind mit derartigen
Anschuldigungen konfrontiert und manche, so wie Deniz Yücel, werden in
Isolationshaft gehalten, ohne Anklageschrift, ohne zu wissen, wessen sie
eigentlich schuldig sein sollen.
Die Unterdrückung der türkischen Medien beschränkt sich nicht auf die
Inhaftierung von Journalisten. Laut Reporter ohne Grenzen wurden seit dem
Putschversuch 178 Medien auf Dekrete hin geschlossen. Berichten des
DİSK-Gewerkschaftsbunds zufolge sind 2.308 Menschen, die vorher bei Medien
beschäftigt waren, heute arbeitslos. Die Pässe von 46 Journalisten wurden
annulliert. In 54 Fällen, bei denen Journalisten auch Verbindungen zu
Gülenisten unterstellt werden, konfiszierte die Regierung deren Eigentum.
Auch Onlinemedien leiden unter dem Klima der Unterdrückung. Hunderte
Websites wurden mit Zugangsbeschränkungen blockiert. Sendika.org, ein
Nachrichtenportal, das sich auf Arbeiterrechte konzentriert, ist in dieser
Hinsicht Spitzenreiter: 62 Mal wurde die Website gesperrt. Die Redaktion
hat sich um einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde beworben.
11 Nov 2017
## AUTOREN
Hayri Demir
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