# taz.de -- heute in bremen: „Der Fußball ist nun mal ungerecht“ | |
taz: Alex Feuerherdt, Sie sind Fan von Bayern München, einem Verein der | |
seit 1900 existiert. Ist die Tradition von Fußballvereinen durch den | |
Kunstverein RB Leipzig in Gefahr? | |
Alex Feuerherdt: Nein. Wenn man sich die Geschichte des Fußballs anschaut, | |
muss man die Frage stellen, wann Tradition beginnt. Der FC Liverpool | |
beispielsweise wurde vor 125 Jahren von einem Brauereibesitzer gegründet. | |
Brauereien waren damals große Förderer des Fußballs, um damit Geld zu | |
verdienen. | |
Taugt der Red-Bull-Werbeverein RB Leipzig nicht als Symbol für die | |
Unterordnung von Fußball unter Profitinteressen? | |
Die meisten Vereine sind mittlerweile Konzerne. Sie verkaufen die Ware | |
Fußball, dafür brauchen sie Kunden. Diese Kundschaft besteht aus Fans, die | |
in einer romantischen Vorstellung davon ausgehen, der eigentliche Zweck sei | |
das Fußballspiel und nicht die Kapitalakkumulation. Es gibt keinen | |
Unterschied zwischen Werbeverein und Kapitalgesellschaft. | |
Sie sagen, die verbreitete Kritik an RB Leipzig entspringe dem Wunsch nach | |
einem „fragwürdigen Idyll“. Was ist an der Sehnsucht nach Fußball ohne | |
Kommerz falsch? | |
Fußball ist nach einem kapitalistischen Ideal des fairen Wettbewerbs | |
geschaffen worden. Viele Fans tun so, als wäre dieses Ideal jemals | |
Wirklichkeit gewesen. Aber der Fußball ist nun mal so ungerecht wie der | |
Rest der Welt. | |
Und an der Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit entzündet sich die | |
Wut der Fans? | |
Ein Beispiel hierfür ist Borussia Dortmund – ein börsennotierter Verein. | |
Gerade von diesen Fans kommen die wütendsten Reaktionen gegenüber Leipzig. | |
Letzte Saison haben Borussia-Fans gar auf RB-Fans eingeprügelt. Der wütende | |
Fußballfan will den Fußball nicht reformieren. Er erklärt verantwortliche | |
Personen für schuldig und schlägt deren Beseitigung vor. | |
Sie sprechen im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus. Was hat die | |
Verunglimpfung von RB als „Rattenball“ oder „Bullenseuche“ mit | |
Antisemitismus zu tun? | |
Die Entmenschlichung des Feindes als Schädling war Bestandteil | |
nationalsozialistischer Ideologie. Das findet sich auch in den Protesten | |
gegen den RB: 2015 wurde Leipzigs Bus von Heidenheimern mit gefälschten | |
Dollarscheinen beworfen. Auf denen war Red-Bull-Mitgründer Mateschitz mit | |
Hakennase und dem Spruch „In Capitalism he trusts“ abgebildet. Hier kommt | |
regressiver Antikapitalismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus | |
zusammen. | |
Interview Dominik Koos | |
22 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominik Koos | |
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